Schwabing:Eine Nummer größer

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Der West-Schwabinger Bezirksausschuss fordert mehr Raum für das neue Bürgerbüro am Scheidplatz

Von Ellen Draxel, Schwabing

Noch ist nichts in trockenen Tüchern. Dass es am Scheidplatz ein großes Bürgerbüro für den Münchner Norden geben wird, steht aber fest. Ob weitere leistungsfähige Anlaufstellen eröffnet werden, prüft das Kreisverwaltungsreferat derzeit auf Basis einer Untersuchung des Referates für Stadtplanung und Bauordnung. "Es muss für die kleineren Bürgerbüros eine Lösung zur Vermeidung der Überlast gefunden werden", sagt KVR-Sprecher Johannes Mayer. "Verschiedene Varianten" seien im Gespräch, mit der Entscheidung des Stadtrats wird im Frühjahr des nächsten Jahres gerechnet. 2018 sollen die Münchner den neuen Standort an der Belgradstraße 75-81 erstmals nutzen können.

Die Bürgerbüros sind die mit Abstand am meisten frequentierten Dienststellen der Stadtverwaltung. Hier sind Meldestellen, die Passbehörde und die Kfz-Zulassung untergebracht. Wer sein Gewerbe um- oder abmelden oder Dokumente beglaubigen lassen will, ist in einem der Bürgerbüros ebenfalls richtig. Sechs dieser Anlaufstellen gibt es derzeit in der Stadt, je nach Standort müssen die Münchner aber teils lange Wartezeiten vor den Schaltern in Kauf nehmen.

Der frühere Kreisverwaltungsreferent Wilfried Blume-Beyerle hatte deshalb bereits Anfang 2013 ein Konzept vorgelegt, das die Schaffung größerer, leistungsfähigerer Dienststellen vorsah: Statt der bislang sechs sollte es künftig nur noch vier große Bürgerbüros in München geben, für jede Himmelsrichtung eines. Neben der Zentrale an der Ruppertstraße war geplant, die Standorte Pasing und Orleansplatz zu erhalten, für den Norden war als neue Anlaufstelle der Scheidplatz anvisiert. Die bestehenden kleineren Büros an der Riesenfeldstraße, der Forstenrieder Allee und der Leonrodstraße wollte das KVR auflösen - sehr zum Ärger der Bürger in den betroffenen Vierteln. Dieser Protest scheint inzwischen bei der Verwaltung angekommen zu sein.

Im Bereich der Bürgerbüros gibt es, anders als bei den Bezirksinspektionen, keine örtliche Zuständigkeit. Jeder Münchner kann das Büro aufsuchen, das für ihn am günstigsten liegt. Die gute Erreichbarkeit ist deshalb ein wichtiges Kriterium bei der Standortwahl: 80 Prozent der Bevölkerung sollen innerhalb von 20 Minuten zu einem der Büros gelangen können.

Weil der Scheidplatz so zentral liegt - er ist mit den U-Bahnlinien U 2 und U 3, der Tram 12 und drei Buslinien sehr gut an den öffentlichen Nahverkehr angebunden -, mutmaßt man in Schwabing, dass das Bürgerbüro dort jetzt schon zu klein geplant ist. "Der Standort", weiß der Chef des Westschwabinger Stadtteilgremiums Walter Klein (SPD) nach einem Termin im KVR, bei dem das Einzugsgebiet vorgestellt wurde, "ist wegen der vielen Linien stärker belastet als die Ruppertstraße". "Halb München" könne sich auf diesen Ort konzentrieren. Kleins Ansicht nach braucht das Bürgerbüro an der Belgradstraße deshalb nicht nur die vorgesehenen rund 1600 Quadratmeter in dem zu errichtenden Neubau, sondern "das ganze Gebäude". Und außerdem mehr Platz vor dem Haus plus eine Tiefgarage.

Das etwa 2000 Quadratmeter große Grundstück in der Nähe des Scheidplatzes allerdings ist in erster Linie für ein sozial betreutes Wohnhaus reserviert. In den mehrstöckigen Komplex sollen einmal Menschen einziehen, die lange in städtischen Pensionen und Notunterkünften gelebt haben und durchaus in der Lage sind, zur Miete zu wohnen, ihres Alters und ihrer zunehmenden Hilfsbedürftigkeit wegen den Alltag dauerhaft aber alleine ohne flexible Hilfe nicht mehr meistern. Auch eine Kindertagesstätte mit drei Krippen- und zwei Kindergartengruppen sowie einen Tageskindertreff für bis zu zehn kleine Mädchen und Jungen soll das vom Sozialreferat genutzte und von der städtischen Wohnungsbaugesellschaft GWG errichtete Gebäude beherbergen.

Der Westschwabinger Bezirksausschuss wünscht sich außerdem einen Tagungsraum mit mindestens 120 Quadratmetern, in dem das Gremium sowie die Unterausschüsse tagen könnten. Schwabing-West hätte dann auch eine adäquate Räumlichkeit für Veranstaltungen, Ausstellungen und öffentliche Planauslegungen. Derzeit müssen die Bürgervertreter ihre Ausschuss-Arbeit aus Platzgründen noch in der Innenstadt erledigen.

Davon, dass all das an der Belgradstraße wegen eines Mega-Bürgerbüros vielleicht nicht realisierbar sein könnte, wissen weder das Sozialreferat noch die GWG etwas. "Das sind Gerüchte, an denen nichts dran ist", heißt es von Seiten des Wohnungsbauunternehmens. Kommendes Frühjahr wolle man mit dem Bau beginnen, Ende 2018 soll der Komplex fertig sein. Geplant werde auf der Grundlage eines Vorbescheids vom Januar 2016: mindestens 45 Arbeitsplätze auf 1600 Quadratmetern für das Bürgerbüro. "Und da sind wir mit dem KVR und dem Sozialreferat d'accord." KVR-Sprecher Mayer bestätigt: "Eine weitere Verwaltungsnutzung an diesem Standort etwa für Räume der Bezirksinspektion oder eine Vergrößerung des Standortes Bürgerbüro wurde im Jahr 2013 geprüft und zu Gunsten des Sozial Betreuten Wohnens verworfen."

Der Westschwabinger Walter Klein bleibt skeptisch. Sollte er recht behalten, hat er als Ortskenner schon einen möglichen Alternativstandort für ein Wohnhaus auserkoren: eine Wiese an der Düsseldorfer Straße, südlich des Kölner Platzes.

© SZ vom 20.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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