Schwabing:Dem Abriss steht nichts mehr im Wege

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Das Schwabinger Haus, in dem Heinrich Mann 14 Jahre lang wohnte, ist kein Denkmal

Von Stefan Mühleisen, Schwabing

Der Verein Altstadtfreunde trommelt seit Monaten für den Erhalt eines Hauses an der Leopoldstraße 59 und 61; die Initiative hält es für schützenswert, weil der Schriftsteller Heinrich Mann dort von 1914 bis 1928 wohnte. Doch nun dürfte dem Abriss des Gebäudes nichts mehr im Weg stehen. In einer erneuten Stellungnahme bleibt das Landesamt für Denkmalpflege bei seiner Einschätzung, dass es sich bei dem Gebäude um kein Baudenkmal handle. "Das Doppelmietshaus weist keine Denkmaleigenschaft (. . .) auf", heißt es in einem Brief an einen Ministerialrat im Kultusministerium. Allerdings wird es noch dauern, bis die Bagger anrücken. "In den nächsten Jahren wird sich hier nichts tun", versichert Alfred Herrmann, Leiter der Immobilienabteilung des Wittelsbacher Ausgleichsfonds (WAF), der Eigentümer des Gebäudes ist.

Die Altstadtfreunde - sie bezeichnen das Gebäude als "Heinrich-Mann-Haus" - hatten zuletzt in einer Eingabe an Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU) darauf gedrängt, die Denkmaleigenschaft erneut prüfen zu lassen. Die Denkmalschutzbehörde kommt allerdings in der neuen Expertise zu dem gleichen Schluss, wie schon in der ersten, erstellt im Juni 2015.

Generalkonservator Mathias Pfeil stellt dabei nicht in Abrede, dass Heinrich Mann in dem Haus wohnte - und, dass hier die Malschule "Die Form" untergebracht war; in den Ateliers hatten sich Mitglieder der Widerstandsgruppe "Weiße Rose" getroffen. Pfeil kann darin durchaus "eine geschichtliche Wertigkeit" erkennen, schränkt aber ein: "Allerdings ist auf Grund der Erhaltung das Gebäude weder als Wohnhaus von Heinrich Mann noch als Ort der Malschule ,Die Form' in ihrer Tätigkeit vor 1945 anschaulich ablesbar."

Schon in der ersten Expertise war ausgeführt worden, dass das 1894 erbaute Haus im Zweiten Weltkrieg schwere Schäden erlitten habe, danach die Grundrisse verändert, in die Fassaden "gravierend" eingegriffen worden sei.

Damit dürften die letzten Hürden für den Wittelsbacher Ausgleichsfonds weggeräumt sein, das Doppelmietshaus einzureißen und an seiner Stelle ein Wohn- und Geschäftshaus mit Tiefgarage zu errichten; seit Mitte Dezember 2015 wird bei der Lokalbaukommission eine entsprechende Bauvoranfrage geprüft. Wie ein Behördensprecher bestätigt, gibt es drei Varianten, die sich in Höhe und Bauvolumen etwas unterscheiden. Laut WAF-Mitarbeiter Herrmann wird sich die Zahl der Wohnungen von acht auf 15 nahezu verdoppeln; die jeweiligen Baumassen in den Konzept-Varianten seien nahezu gleich. Jedoch betont er, dass so schnell mit einem Abriss nicht zu rechnen ist. "Wir haben langfristige Mietverträge in dem Haus", sagt er, etwa mit der Filiale der Hypo-Vereinsbank sowie Gewerbemietern. Im örtlichen Bezirksausschuss war zuletzt eine gewisse Ermüdung zu bemerken, sich weiter mit dem Fall zu beschäftigen. Die Altstadtfreunde hatten bei dem Gremium vehement um Unterstützung geworben.

Das Stadtteilgremium sprach sich daraufhin für den Erhalt des Gebäudes aus - jedoch mit der Einschränkung: nur wenn auch die bayerische Denkmalschutzbehörde dies unterstützt. Da sie dies nicht tut, ist auch der - ohnehin mäßig vorhandene - Kampfeswille für das Haus erlahmt. "Die Aussagen in dem Gutachten sind eindeutig. Ich sehe deshalb keinen weiteren Handlungsbedarf ", sagte der Vorsitzende des Bezirksausschusses, Werner Lederer-Piloty (SPD). Das Gremium sprach sich in der Sitzung für die Realisierung der Variante 2 aus, die einen etwas größeren Innenhof vorsieht.

Die Altstadtfreunde zeigen sich über das Votum verärgert. In einem Text mit der Überschrift "Was läuft schief in Schwabing?" auf ihrer Internetseite beklagt der Verein, der Bezirksausschuss habe sich "unbeirrbar" auf eine Stellungnahme der Denkmalschutzbehörde zurückgezogen. "Wir sehen die kulturhistorische Bedeutung nicht ausreichend gewürdigt", sagt Vereinssprecher Florian Grüning. Nach seinen Worten wird er in den nächsten Wochen den Fall mit Vertretern des Landesamtes für Denkmalpflege bei einem persönlichen Termin besprechen. "Wir geben noch nicht auf", sagt er.

© SZ vom 02.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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