Schwabing:Dämmen trotz Efeu

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Stadt fördert Energieeinsparung auch bei Eingriffen ins Grün

Von Ellen Draxel, Schwabing

Wärmedämmung an Bestandsgebäuden wird in München durch die Stadt gefördert. Voraussetzung für einen Zuschuss des Förderprogramms Energieeinsparung (FES) ist, dass die gesamten Außenwandflächen eines Hauses gedämmt werden. Einen Nachweis, ob die Maßnahme tatsächlich Energie einspart, muss der Antragsteller laut Umweltreferentin Stephanie Jacobs aber nicht erbringen. Auch Fragen, ob mit der Dämmung bestehende Grünstrukturen zerstört werden oder ob das lokale Mikroklima Schaden erleiden würde, spielen bei der Vergabe der öffentlichen Fördermittel keine Rolle.

Angefragt hatten die Stadträte Cetin Oraner und Brigitte Wolf (Die Linke) mit Blick auf einen konkreten Fall in Schwabing. An der Hörwarthstraße soll an der wetterabgewandten Ostseite eines vierstöckigen Gebäudes aus dem Jahr 1971 ein Wärmedämmverbundsystem angebracht werden. Diese Brandschutzwand schließt direkt an das Nachbargrundstück an und wurde in den vergangenen 45 Jahren komplett begrünt - ein Fachmann übernimmt die regelmäßige Pflege des Efeus. Die Eigentümerin der Nachbarvilla möchte die grüne Fassade unbedingt erhalten, die Eigentümer des Mehrfamilienhauses dagegen, vertreten durch eine Verwaltung, bestehen auf der "erforderlichen" Dämmung. Inzwischen streiten die Parteien vor Gericht.

Umweltreferentin Jacobs äußert Verständnis für beide Seiten: "Aus Sicht des Klimaschutzes ist die energetische Sanierung von Gebäuden eine wichtige Maßnahme." Aber auch eine Fassadenbegrünung habe "aus Sicht der Umweltvorsorge verschiedene positive Wirkungen". Bezogen auf das Mikroklima entstünden geringere Oberflächentemperaturen, eine höhere Luftfeuchtigkeit und ein Lebensraum für Vögel und Insekten. Dass die geplante Wärmedämmung in das Nachbargrundstück hinein reichen würde, ist laut Planungsreferat kein Grund für die Stadt, einzuschreiten. Wärmedämmungen anzubringen sei "verfahrensfrei, hierfür ist keine Baugenehmigung notwendig". Ein eventuelles Recht der Nachbarin auf Entschädigung falle in den Bereich des Privatrechts.

Auch die Frage, ob es legal sei, dass im Zuge der Bauarbeiten Teile des nachbarschaftlichen Gartens zerstört werden könnten, sei "zivilrechtlich zu regeln". Das Planungsreferat weist aber "grundsätzlich" darauf hin, "dass die Genehmigungsfreiheit für eine Wärmedämmung den Grundstückseigentümer nicht davon entbindet, andere Vorschriften einzuhalten". Die Untere Naturschutzbehörde prüft derzeit, ob an der Hörwarthstraße konkrete Artenschutzbelange bei einer möglichen Vernichtung von Grünflächen tangiert wären. Das Ergebnis dieser Untersuchung steht derzeit noch aus.

© SZ vom 27.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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