Riem/Messestadt Riem:Verzweifelte Klimmzüge

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Beliebtes Angebot: das Eltern-Kind-Turnen des TSV Riem-Dornach. (Foto: Florian Peljak)

Der TSV Riem-Dornach hat zu wenig Hallenkapazität und verhängt für seine Kindersportkurse einen Aufnahmestopp

Von Renate Winkler-Schlang, Riem/Messestadt Riem

Die Kinder klettern und hopsen, strecken sich, rennen, toben: Abwechslungsreiche Bewegungslandschaften bauen die ehrenamtlichen Übungsleiter des TSV Riem-Dornach in der Lehrer-Wirth-Schule für die Eltern-Kind-Stunden auf. Im kinderreichen Stadtteil ist der Andrang groß, 50 kleine Teilnehmer auf einmal zu bespaßen und zu fördern, gehört hier zum sportlichen Alltag.

Viele Eltern jenseits der Autobahn, in Riem, konnten da bisher nur neidisch staunen. Der TSV hat Aufnahmestopp, noch mehr Buben und Mädchen reinzuquetschen, ist beim besten Willen nicht möglich. Alle Hoffnung der Riemer Eltern ruhte auf der neuen Grundschule für Riem am Ilse-von-Twardowski-Platz. Auch im alten Riem gibt es immer mehr Kinder. Sonst hätte die Stadt die Schule nicht gebaut. Diese Schule hätte eigentlich nur eine Einfachturnhalle gebraucht. Die Stadt baute eine Doppelturnhalle - damit auch örtliche Vereine zum Zug kommen. Jetzt ist sie fertig - und ausgerechnet der TSV Riem-Dornach soll hier für seine Kinderkurse keine Kapazitäten bekommen. Begründung: Ligabetrieb soll in Mehrfachhallen Vorrang vor Breitensport haben. Die Vorsitzende Heidrun Rose empfindet das als ungerecht.

Bemüht hat sie sich schon lange: Bereits 2011 bewarb sich der TSV um Stunden in der neuen Riemer Schulturnhalle. Die Bürgerversammlung für Trudering-Riem unterstützte 2011 diesen Antrag, der Bezirksausschuss ebenso. Inzwischen folgte eine Neuauflage beider Beschlüsse. Doch nach Informationen Roses hat die Stadt Vereine aus den Stadtbezirken Au-Haidhausen, Bogenhausen, Berg am Laim und Ramersdorf-Perlach aufgefordert, Bedarf für die neue Riemer Sportstätte anzumelden.

Dabei habe sie es eigentlich schriftlich vom Sportamt: Der 15. Stadtbezirk Trudering-Riem verfügt fast ausschließlich über Mehrfachhallen. Daher könne man den Breitensport hier nicht nur auf die raren Einfachturnhallen verweisen. "Deshalb dürfen wir ja auch in der Lehrer-Wirth-Schule Angebote machen, das ist ja auch eine Dreifachhalle", weiß Rose. Für die Einfachhalle in Kirchtrudering habe sie sich übrigens auch vergebens beworben.

Ohne Alternative ließ die Sachbearbeiterin vom Sportamt Heidrun Rose allerdings nicht. Sie bot Stunden in der Halle der privaten Förderschule für soziale und emotionale Entwicklung des Christophorus-Schulvereins an der Leibengerstraße in Riem an - allerdings nur, wenn der TSV dafür in der Messestadt eine Doppelstunde abgibt. Für Heidrun Rose ist das ein Vorschlag, der nur am grünen Tisch gut wirkt: Die Turnhalle der Förderschule verfüge über kein brauchbares Equipment. Einen Schrank mit eigenen Geräten aufzustellen, sei sinnlos - der vorige sei von den oftmals schwierigen und aggressiven Schülern dort binnen kurzem zerstört worden. Der TSV biete hier nämlich bereits Erwachsenen-Gymnastik an, doch diese Teilnehmer kämen eigens schon in Sportkleidung, die Trainerin bringe Geräte und Musikanlage jedes Mal wieder selbst mit. Für Kinderkurse mit vielen Mädchen und Buben sei das aber undenkbar. Zudem seien die Toiletten an der Leibengerstraße in einem fürchterlich unhygienischen Zustand, so Rose.

Die Vorsitzende appelliert ans Sportamt, dem TSV ein neues Angebot am Twardowski-Platz zu machen. Dort würde man dann auch zusätzlich in Kooperation mit der Bayerischen Krebsgesellschaft noch eine Rehasportgruppe gründen.

Doch ist die Situation an der Leibengerstraße wirklich so unzumutbar? "Es ist noch schlimmer", sagt Schulleiterin Viktoria Spitzauer freimütig, "wir wissen das seit langem. Der Boden löst sich auch auf. Immer wieder stehen Sportlehrer mit abgebrochenen Stücken bei mir auf der Matte."

Die Halle hat einen Renovierungsstau. Und an dem ist letztlich die Stadt nicht ganz unschuldig. Der Förderverein der Schule, zu der auch eine Kita und ein Hort gehören, will nicht nur ein paar kosmetische Verschönerungsarbeiten machen lassen, denn der Altbau der Schule samt Halle braucht eine Generalsanierung - und eine Erweiterung. Die nötigen fünf Millionen hat der Verein noch nicht beisammen. Doch weiter zu betteln, das lohnt sich laut Spitzauer derzeit nicht, denn zwei große Geldgeber - die Bayerische Landesstiftung und die Regierung von Oberbayern - wollen zur Sicherheit für ihre Zusagen ins Grundbuch. Da die Stadt dem Verein die Fläche, auf der die Schule steht, in Erbpacht überlassen hat, steht sie dort bereits drin. Ein formales Problem, bei dem sich seit Jahren schon Stadt und Freistaat den Schwarzen Peter zuschieben, auch ein runder Tisch habe erst einen Teilerfolg gebracht, so Spitzauer. So sei der TSV ihr zwar willkommen, sie verstehe aber auch die reservierte Reaktion.

Vielleicht aber bleibt Rose keine andere Wahl. Die Pressestelle des Bildungsreferats erklärt zwar, man stehe mit dem TSV Riem-Dornach noch im Austausch. Sie betont aber auch die vom Stadtrat aufgestellten Kriterien für den Vorrang von Ligasport in Mehrfachhallen: Einen "Anspruch" habe der TSV an der Doppelhalle am Twardowski-Platz daher nicht. Rose hat aber auch keine Lust, Plätze in einer Halle zu akzeptieren, die dann womöglich bald wegen Renovierung geschlossen ist, denn diese Erfahrung hat der TSV an der Lehrer-Wirth-Straße gerade hinter sich.

© SZ vom 03.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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