Reiter: München muss mehr bauen:"Darauf zu warten, dass es der Markt richtet, ist zu wenig "

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Dieter Reiter, OB-Kandidat der SPD, will im Fall seiner Wahl mehr Geld in den sozialen Wohnungsbau stecken. Auch städtische Subventionen für Grundstücke schließt er nicht aus. Doch der Vorstoß ist brisant.

Dominik Hutter

Die Stadt München soll in den kommenden Jahren wieder mehr in den Wohnungsbau investieren und dabei auch über Subventionen für bauwillige Genossenschaften nachdenken. Das fordert der Oberbürgermeister-Kandidat der SPD, Wirtschaftsreferent Dieter Reiter. "Die Stadt kann das entweder selbst aus ihrem Haushalt heraus finanzieren, oder aber wir legen spezielle Wohnungsbaufonds an", sagte Reiter im Interview mit der Süddeutschen Zeitung.

Dieter Reiter will wieder Hochhäuser errichten. Dafür soll es einen neuen Bürgerentscheid geben. (Foto: Robert Haas)

Reiter sieht darin eine Grundsatzentscheidung. Eine vergleichsweise reiche Kommune dürfe sich einer Revitalisierung des sozialen Wohnungsbaus nicht verschließen. "Nur immer darauf zu warten, dass es der Markt richtet, ist zu wenig. "

Der Vorstoß Reiters ist brisant - legt er doch nahe, dass die Stadt möglicherweise mit deutlich mehr Engagement gegen die Wohnungsnot vorgehen könnte als sie es in der Ära Christian Ude getan hat. München hat das selbstgesteckte Ziel von 7000 neuen Wohnungen in den vergangenen Jahren klar verfehlt. Nach Angaben des Planungsreferats wurden nur etwa 4000 bis 5000 Wohnungen pro Jahr fertiggestellt - städtische und private Investitionen zusammengerechnet. Lediglich 2011 habe man mit 6700 Wohnungen an der Zielmarke gekratzt. Angesichts der hohen Zahl an Baugenehmigungen sei auch 2012 mit einem guten Ergebnis zu rechnen.

Die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum, davon ist Reiter überzeugt, ist eine der wichtigsten Aufgaben der kommenden Jahre. Dabei könnte auch eine Idee ihre Renaissance erleben, die seit dem Bau von Großsiedlungen wie Neuperlach oder Hasenbergl ziemlich aus der Mode gekommen ist: Wohnen im Hochhaus.

Dabei könne man, um eine gute soziale Mischung im Quartier zu erreichen, "zum Beispiel fünf Stockwerke öffentlich gefördertes Wohnen und in den höheren Etagen frei finanziertes Wohnen". Trabantenstädte hat Reiter dabei nicht im Sinn. Vielmehr sollten architektonisch gelungene Hochhäuser Akzente in den einzelnen Stadtvierteln setzen - wobei Reiter sinnvolle Standorte tendenziell eher am Stadtrand als an den altbaugesäumten Innenstadtstraßen sieht.

Um wieder Hochhäuser bauen zu können, kommt die Stadt aber nach Einschätzung des SPD-Politikers an einem erneuten Hochhaus-Bürgerentscheid nicht vorbei. Es gebe genügend gute Argumente, die Entscheidung von 2004 zu revidieren. Damals hatten die Münchner sämtlichen neuen Hochhäusern eine Maximalhöhe von 100 Metern verordnet.

Mit Reiters Vorschlägen rückt das Thema Wohnungsbau immer mehr in den Fokus des beginnenden Kommunalwahlkampfs. Sein CSU-Konkurrent Josef Schmid kritisiert schon seit längerem das Resultat rot-grüner Bemühungen um mehr Wohnungsbau und fordert ebenfalls die Förderung von Genossenschaften. Viel Wind ausgelöst hat im Juli die Forderung der inzwischen zur grünen OB-Kandidatin gekürten Stadträtin Sabine Nallinger, auf längere Sicht müssten 30 Prozent der Münchner Mietwohnungen entweder der Stadt oder aber Genossenschaften gehören. Nach heftiger Kritik wegen angeblicher Undurchführbarkeit dieser Idee konkretisierte Nallinger ihren Vorschlag: Stadt und Genossenschaften sollen in 40 Jahren insgesamt 73 000 Wohnungen errichten.

Reiter hält diesen Plan eher für provokant als realistisch. Wobei er im Vergleich zu den Zahlen der vergangenen 40 Jahre bescheiden erscheint. Laut Planungsreferat sind seit 1972 rund 250 000 Wohnungen neu entstanden - ein Drittel des heutigen Bestands.

© SZ vom 08.08.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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