Ramersdorf:Unsinniger Flächenverbrauch

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Kein Modell für die Zukunft: Flachbauten mit großen Parkplätzen davor wird sich die Stadt wohl nicht mehr lange leisten können. (Foto: Florian Peljak)

Bezirksausschuss kritisiert Stadt wegen geplanter Bebauung auf dem Supermarkt-Areal an der Aschauer Straße

Von Hubert Grundner, Ramersdorf

Mit massivem Protest reagieren die Lokalpolitiker im Bezirksausschuss (BA) 16 Ramersdorf-Perlach auf ein Bauvorhaben an der Aschauer Straße 19. Ein Investor will anstelle des Flachbaus, in dem bislang ein Netto-Markt untergebracht ist, ein achtgeschossiges, gemischt genutztes Gebäude errichten. Möglich wird dies durch eine weitreichende Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplanes. Und genau gegen diese recht häufig genutzte Praxis der Verwaltung richtet sich - wieder einmal - die Kritik des BA: Nach Meinung des Gremiums berührt die Befreiung die Grundzüge der Planung und sei deshalb abzulehnen.

Wolfgang Thalmeir (CSU), der Leiter des Unterausschusses Bau, in dem das Projekt vorgestellt worden war, erläuterte dessen Grundzüge in der jüngsten BA-Sitzung. Dabei betonte er, dass eine Neubebauung des Areals wünschenswert sei und auch unbedingt angestrebt werden sollte. Der unsinnige Flächenverbrauch des erdgeschossigen Netto-Marktes mit ebenerdigem, vorgelagerten großen Parkplatz sei in Anbetracht der knappen Baugrundstücke im Stadtgebiet nicht mehr zeitgemäß und auch nicht mehr zu tolerieren. So müsse in jedem Fall die Chance genutzt werden, dort eine sinnvolle und für die Umgebung verträgliche mehrgeschossige Bebauung zu verwirklichen. Auch gegen die geplante Nutzung des zukünftigen Gebäudes bestünden grundsätzlich keine Einwendungen, soweit hochwertige Büronutzungen in den oberen Etagen, ein Einzelhandel im Erdgeschoss und Wohnungen in den rückwärtigen Bereichen vorgesehen seien.

Von einem Hotel- oder Boardinghaus sollte allerdings in jedem Fall Abstand genommen werden, warnte Thalmeir. Er beziehungsweise der Unterausschuss Bau begründete dies mit den "flexiblen Entwicklungsmöglichkeiten derartiger Nutzungen in teilweise prekäre Wohnnutzungen oder die Gefahr der Entwicklung eines unerwünschten Rotlichtmilieus". Was damit gemeint ist, lasse sich schon heute in direkter Nachbarschaft beobachten.

Nach Angaben des Unterausschusses ist an der Stelle als Art der Nutzung ein Kerngebiet, als Maß der Nutzung eine maximal zwei- bis viergeschossige Bebauung und eine nicht mehr zeitgemäße Situierung der Baukörper vorgesehen. Davon ist der Investor offenbar laut Vorbescheidsantrag weitreichend befreit. Zu weitreichend, wie die Lokalpolitiker befinden: Eine Befreiung von der vorgeschriebenen Geschosshöhe um 100 Prozent - geplant ist ja ein achtgeschossiges Gebäude - berühre die Grundzüge der vorhandenen Bauleitplanung und sei auch unter rechtlichen Aspekten in höchstem Maße bedenklich. Zu befürchten sei, dass dieses Vorgehen zum Vorbild für andere Planbereiche des Stadtbezirks werden könnte. Schon deshalb müsse man das Projekt ablehnen. Problematisch sei zudem die geplante Situierung der Baukörper. Sie sei weder zweckmäßig noch städtebaulich sinnvoll und verhindere eine bessere Nutzung der ohnehin knappen Flächen.

Statt nun mit dem Instrument der Befreiung vom bestehenden Bebauungsplan weiter zu arbeiten, empfiehlt der BA, den Bebauungsplan zu ändern und das Areal als Mischgebiet festzusetzen. So wie auch schon von Anwohnern gefordert, ließe sich auf dem Grundstück mit dem Supermarkt eine gewerbliche Randbebauung entlang der Aschauer Straße - und in Fortsetzung der bereits planungsrechtlich gesicherten Realschulbebauung - realisieren. Dabei sollte die vor der Realschule geplante Allee ebenso aufgenommen und fortgeführt werden wie die Geschossigkeit der Schulgebäude.

Laut Wolfgang Thalmeir haben sich die Investoren durchaus aufgeschlossen für diese Überlegungen gezeigt. Allerdings hätten diese das nachvollziehbare Problem, dass eine derartige Änderung des Bebauungsplans, zumindest nach den bisherigen Angaben des Planungsreferats, "mindestens fünf bis sechs Jahre dauern wird" und der Kauf des Grundstücks deshalb unrentabel für sie würde. Warum das aber so lange dauern müsse, sei weder für die BA-Mitglieder noch die Bürger verständlich. In Anbetracht des akuten Planungsdefizits müsse man im Grunde sogar von einem Skandal sprechen, so Thalmeir und seine Kollegen: Durch jahrelanges "Nichtstun" in dem Gebiet scheint die Chance auf eine qualitätvolle Entwicklung von hochwertigen Gewerbeflächen und die Schaffung von dringend benötigtem Wohnraum zwischen Aschauer Straße und Paulsdorfferstraße nunmehr verspielt zu sein.

© SZ vom 06.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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