Ramersdorf:Der Teufel steckt im Detail

Lesezeit: 3 min

Halbzeit bei der Sanierung der Wallfahrtskirche Maria Ramersdorf: Zunächst unvorhergesehene Probleme während der Arbeiten haben die Kosten auf jetzt fünf Millionen Euro steigen lassen

Von Hubert Grundner

Dem einen oder anderen Passanten ist es mit Sicherheit schon aufgefallen: Seit einigen Tagen ist das Gerüst am Kirchturm von Maria Ramersdorf verschwunden. Und das heißt nichts weniger, als dass die Sanierung des berühmten Wallfahrtsortes vorangeht. Da die Arbeiten, die am 15. September 2014 begonnen haben, sich ansonsten hauptsächlich im Inneren des Gotteshauses abspielen, ist der im frischen Glanz erstrahlende Turm also ein erstes nach außen hin sichtbares Zeichen dieses Fortschritts.

Tatsächlich lasse sich sagen, pflichtet Kirchenpfleger Fridolin Heidler bei, dass jetzt in etwa Halbzeit ist. Dann sperrt er die schmiedeeiserne Gittertür zum Friedhof auf und führt seinen Besucher zum seitlichen Kirchentor. Durch den mit Plastikfolie ausgeschlagenen Eingangsbereich, eine Art Luftschleuse, betritt man dann das Innere der Kirche. Und findet sich, wie sollte es anders sein, mitten auf einer Baustelle. Wo sonst die Kirchenbänke stehen, fällt der Blick auf den blanken Beton- beziehungsweise Ziegelboden, den hier und da Schutthäufchen und Kabelreste bedecken. An etlichen Stellen liegen die Heizungsrohre frei, an den Wänden des Mittelschiffs stehen hölzerne Klappleitern, während den hinteren Teil des Gotteshauses noch komplett das Baugerüst ausfüllt.

"Erst werden die Schmutzarbeiten gemacht", erklärt Fridolin Heidler das prinzipielle Vorgehen der Handwerker bei der Sanierung. Also werden als erstes der Boden instandgesetzt, die neuen elektrischen Anlagen installiert und die Heizung eingebaut. Die Wandheizung beispielsweise ist bereits fertig, bei der Bodenheizung im Chorraum und im Gestühl der Kirchenbänke steht das noch bevor. Die Raumschale mit ihren Stuckaturen - Maria Ramersdorf zählt laut Heidler zu den wenigen Kirchen, in denen der Stuck vergoldet ist - ist hingegen schon zum Teil gereinigt und, wo nötig, erneuert worden.

Parallel finden viele Arbeiten außerhalb der Kirche statt. So wurden bis auf das berühmte Votivbild, das die glückliche Rückkehr der 42 Geiseln zeigt, die König Gustav Adolf von Schweden im Dreißigjährigen Krieg genommen hatte, alle Gemälde entfernt. Diese werden augenblicklich von Spezialisten in Neumarkt-St. Veit restauriert. Gleiches passiert im Landesdenkmalamt mit dem von Erasmus Grasser geschaffenen, wertvollen Kreuzaltar. Dagegen soll, wie Heidler erklärt, der Zustand des Hochaltars mit der berühmten Marien-Skulptur im Zentrum und der Seitenaltäre noch begutachtet werden. Erst dann lasse sich sagen, was für deren Erhalt gemacht werden müsse. Was oft einfacher klingt, als es ist. Denn zum einen wollen die Verantwortlichen nicht die Fehler der Vergangenheit wiederholen, betont der Kirchenpfleger. Beispielsweise wurde der Sockel des Chorgestühls in früheren Zeiten verfliest. Was zur Folge hatte, dass irgendwann einmal beim Putzen Wasser hinter die Fliesen eindrang und das Holz langsam verfaulte. Zum anderen laute eine ganz wesentliche Frage: Wie weit geht man bei der Renovierung zeitlich zurück? Anders gefragt: Was betrachtet man als idealen Zustand einer Kirche, die oft mehrere kunst- und baugeschichtliche Phasen in sich vereint? So weist Maria Ramersdorf romanische, spätgotische und barocke Stilelemente auf. Die Frage, an welcher Epoche man sich bei der Instandsetzung orientiert, ist somit fundamental für das Ergebnis. So überrascht es nicht, dass das hauptverantwortliche Architekturbüro Andreas Hlawaczek alle Sanierungsschritte mit dem Bau- und Kunstreferat des Erzbistums München und Freising sowie den Landesdenkmalschutzbehörden eng abstimmen muss. Das war auch schon so bei der Entscheidung für ein neues Farbkonzept, das den Kirchenraum künftig deutlich aufhellen wird. Für zusätzlichen Glanz sollen moderne LED-Lampen sorgen.

1 / 5
(Foto: Robert Haas)

Kunst im Bau: Wie moderne Skulpturen stehen die Leitern im Inneren der Kirche Maria Ramersdorf.

2 / 5
(Foto: Robert Haas)

Die Sanierung der Kirche ist bereits weit fortgeschritten.

3 / 5
(Foto: Robert Haas)

Die Kirche Maria Ramersdorf.

4 / 5
(Foto: Robert Haas)

Mehr Arbeit als gedacht verursachten nachträglich entdeckte Schäden am Turm.

5 / 5
(Foto: Robert Haas)

Kirchenpfleger Fridolin Heidler ist dennoch stolz auf den Fortschritt.

Ehe Besucher in diesen Genuss kommen, wird aber noch einige Zeit vergehen. Ob es bei der geplanten Wiedereröffnung der Kirche gegen Ende dieses Jahres bleibt? Bei der Antwort auf diese Frage will sich Fridolin Heidler lieber nicht festlegen: "Bei so einem Bauwerk gibt es immer wieder Ereignisse, die dazu führen, dass man mehr Zeit und mehr Geld braucht."

Tatsächlich gingen die Verantwortlichen der Kirchenverwaltung ursprünglich von Sanierungskosten in Höhe von 3,6 Millionen Euro aus. "Jetzt ist man bei knapp fünf Millionen", erklärt Heidler. Wobei sich am Kirchturm zeigen lässt, wie unvorhersehbar Kostensteigerungen bei einer solchen Sanierung oft sind. So hatten die Arbeiter das Gerüst erst bis zur Uhr hochgezogen; man dachte, es sei mit einem Anstrich des Turms getan. Dann aber musste auch der Putz erneuert werden. "Daraufhin sagten wir, jetzt können wir das Gerüst gleich ganz hochziehen und die Verblendung untersuchen", sagt Heidler. Das geschah, man reparierte Teile der Verblendung und vergoldete bei der Gelegenheit auch gleich noch das Kreuz: "Das alles hatte man ursprünglich gar nicht im Blick."

Seit 2008 ist der Professor für Hochspannungstechnik an der Bundeswehr-Universität Neubiberg der Kirchenpfleger von Maria Ramersdorf. Der verheiratete Vater von vier Kindern kann sich deshalb auch noch gut erinnern, wie im Jahr 2009 in der Pfarrei erstmals die notwendige Sanierung der Wallfahrtskirche erörtert worden ist. "Der Auslöser war, dass die Kirche völlig verdunkelt war", sagt Heidler. Abhilfe könnte, so dachte man zumindest anfangs noch, mit einfachen Mitteln geschaffen werden - "die g'hört mal g'scheit g'strichen", hatte es etwa geheißen.

Etwas größere Anstrengungen sind dann doch notwendig gewesen, wie man heute weiß. Auf das Ende der zweiten Halbzeit aber dürfen sich die Ramersdorfer heute schon freuen.

© SZ vom 21.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: