Prügelvorwürfe gegen Münchner Polizei:Drogennachweis mit fragwürdiger Relevanz

Teresa Z. Münchner Polizei

Teresa Z. wurde am 20. Januar auf der Polizeiwache in der Au von einem Polizeibeamten mit zwei Faustschlägen ins Gesicht schwer verletzt. 

(Foto: Jakob Berr)

Cannabis, vielleicht auch Ecstasy: Teresa Z. hat Drogen konsumiert. Das geht aus einem Gutachten im Auftrag der Staatsanwaltschaft hervor. Der Anwalt des Opfers, das auf einer Münchner Polizeiwache gefesselt und geprügelt wurde, hält das allerdings für völlig irrelevant.

Von Susi Wimmer

Ein Polizeibeamter schlägt einer gefesselten, auf einer Pritsche liegenden Frau ein- oder zweimal mit der Faust ins Gesicht, bricht ihr die Nase und die Augenhöhle. Wie relevant ist dabei die Frage, ob die 23-jährige Frau unter Drogen gestanden hat oder nicht? Daran scheiden sich die Geister. Fest steht: Die Staatsanwaltschaft hat ein Haargutachten der 23-Jährigen in Auftrag gegeben, jetzt liegt das Ergebnis vor. Das Opfer konsumierte innerhalb eines Jahres mit großer Wahrscheinlichkeit Cannabis, es könnte auch mal Ecstasy probiert haben.

Und welchen Einfluss hat nun diese Erkenntnis auf das Verfahren? "Überhaupt keinen", sagt Franz J. Erlmeier, Anwalt von Teresa Z.. "Genauso gut hätten sie die Leberwerte oder die Darmbakterien untersuchen können." Denn das Haargutachten gebe keinen Aufschluss darüber, ob seine Mandantin am Nachmittag des 20. Januar "im Drogenrausch" gewesen sei, so wie es die Polizei behauptet.

Teresa Z., das ist die Frau, die Streit mit ihrem Freund hatte und die Polizei zu Hilfe rief. Der Einsatz der Beamten der Inspektion 21 eskalierte: Am Ende lag Teresa Z. mit auf den Rücken gefesselten Händen in der Gefängniszelle auf einer Pritsche, sieben Beamte standen in der Zelle, fünf versuchten, die zappelnde Frau ruhig zu stellen. Ein Beamter, 33 Jahre alt, drückte ihren Kopf nach unten, sie spuckte ihn an. Dann habe der Beamte ihr zwei Faustschläge ins Gesicht versetzt, sagt Teresa Z. Der Polizist sagt, sie habe zu einem Kopfstoß angesetzt und er habe in Notwehr einmal zugeschlagen.

Nachdem sie Anzeige gegen den Beamten erstattet hatte, stand morgens um 6 Uhr früh die Polizei vor ihrer Türe: Wohnungsdurchsuchung, Haarprobe abgeben. "Für das Verfahren ist der Drogentest wichtig", sagt Oberstaatsanwalt Thomas Steinkraus-Koch. Zum einen hatten die Beamten Teresa Z. wegen Widerstands, Beleidigung und Körperverletzung (das Anspucken) angezeigt. Anhand des Drogentests könne man sagen, ob die Frau schuldfähig oder vermindert schuldfähig gewesen sei. Zum anderen gehe es um das Verfahren gegen den Beamten: Wie hat Teresa Z. auf den Beamten gewirkt? Wie hat sie sich verhalten? "Und wie hätten sich die Beamten verhalten müssen und wie haben sie sich tatsächlich verhalten", sagt Steinkraus-Koch.

Unbändige Furie? Oder ungerechtfertigte Notwehr?

Das Haargutachten, man kann es drehen und wenden wie man will: Soll es das Opfer als unglaubwürdige, nicht zu bändigende Furie entlarven? Oder den Beamten bloßstellen, weil er eine vermeintlich unter Drogen stehende Frau geschlagen hat und die angeführte Notwehr damit nicht gerechtfertigt wäre? Die Geister, wie gesagt, sie scheiden sich. Allein schon bei der Kommentierung des Ergebnisses: "Meine Mandantin ist keine Drogenabhängige, laut Gutachten wurde bei Ecstasy ein Probierverhalten nachgewiesen und ein gelegentlicher Konsum von THC".

Steinkraus-Koch spricht von einem Stoff, der "häufig, aber nicht täglich" konsumiert wurde und von einem zweiten Stoff, der "in einem hohen Bereich" festgestellt worden sei. Die Haarspalterei indes ist noch lange nicht am Ende: Die Staatsanwaltschaft hat ein detaillierteres Zusatzgutachten zum Gutachten in Auftrag gegeben.

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