Unterföhring:Prozess vor dem Landgericht

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Tiefe Erschütterung in Unterföhring. Kerzen und Stofftiere erinnerten nach der Tat an das Mädchen. (Foto: dpa)
  • Nach einem Bowling-Abend sticht der 24-jährige Angeklagte seine 16-jährige Freundin mit einem Messer nieder. Einen Tag später stirbt sie.
  • Adrian S. behauptet, er er habe einen psychotischen Schub bekommen, sich als "Auserwählter" und "Werwolf" gefühlt.
  • Vor dem Landgericht München I muss sich der Angeklagte wegen Mordes verantworten.

Von Christian Rost

Ein 24-Jähriger hat beim Rauchen eines Joints angeblich einen psychotischen Schub bekommen und deshalb mit einem Messer auf seine jugendliche Freundin eingestochen. Die 16-Jährige verlor viel Blut und starb einen Tag später im Krankenhaus. Der Täter, Adrian S., muss sich seit diesem Donnerstag am Landgericht München I wegen Mordes verantworten.

Zu Beginn des Prozesses vor der 2. Strafkammer erhob sich der Angeklagte von seinem Platz, entschuldigte sich bei der Familie der getöteten Auszubildenden und legte ein Geständnis ab: "Für mich war es so, als wäre der Teufel hinter mir gestanden, hätte meine Hand geführt und zugestochen", beschrieb S. den Tathergang.

Der Angeklagte habe sich als "Auserwählter" gefühlt

Der Metallbauer war am 6. März dieses Jahres mit seiner Freundin beim Bowlen. "Ein schöner Abend" sei das gewesen, sagte S. Anschließend fuhren die beiden in Unterföhring zur Wohnung, wo die 16-Jährige mit ihrem Vater lebte. Die Eltern hatten sich getrennt. Der Vater war an jenem Abend bei seiner neuen Lebensgefährtin. In der Wohnung surfte Adrian S. zunächst noch im Internet und kiffte dabei.

Die Anklage geht davon aus, dass es anschließend einen Streit gab, weil sich die Jugendliche von S. trennen wollte. Dies wies der Angeklagte zurück, seinen Angaben zufolge habe er einen psychotischen Schub bekommen. Bereits in der Vergangenheit war er wegen psychischer Probleme im Isar-Amper-Klinikum behandelt worden.

In jener Nacht habe er zuerst gedacht, dass die Wohnung "verflucht" sei, sagte S. Und er meinte, seine Freundin könne seine Gedanken lesen. Sie habe schon im Bett gelegen und das Licht ausmachen wollen, wovor er sich gefürchtet habe. Er sei nicht mehr Herr seiner Sinne gewesen: Erst habe er sich als "Auserwählter" gefühlt, dann als "Werwolf". Jedenfalls wurde er laut Anklage plötzlich so aggressiv, dass seine Freundin vor ihm nur mit einem Bademantel bekleidet aus dem Haus flüchtete. S. lief in Unterhosen hinterher. Vor dem Haus trafen sie zufällig auf einen 20-jährigen Bekannten der Jugendlichen. Auf ihre Bitte hin begleitete der junge Mann sie zurück in die Wohnung, die Situation schien sich beruhigt zu haben.

Einen Tag nach der Tat stirbt die 16-Jährige

Tatsächlich war der Streit für S. offensichtlich noch nicht beigelegt - im Gegenteil. Während sich seine Freundin mit dem Bekannten unterhielt, nahm S. unbemerkt ein Messer mit acht Zentimeter langer Klinke an sich und hielt es so, dass die beiden anderen es nicht sehen konnten. Als der Bekannte gerade auf sein Handy blickte, stach S. unvermittelt zu.

Nach den Angaben der Staatsanwaltschaft traf er seine Freundin mit der Klinge am Hals, am linken Unterarm und am rechten Oberschenkel. Der Stich in den Hals war tödlich, er durchtrennte eine Schlagader. Während Adrian S. das Messer fallen ließ und aus der Wohnung ging, leistete der 20-jährige Zeuge sofort Erste Hilfe und rief einen Rettungsdienst. Sanitäter konnten die Schwerverletzte noch wiederbeleben, sie fiel aber ins Koma und starb einen Tag später in einer Klinik. Durch den hohen Blutverlust hatte sie irreparable Hirnschäden erlitten.

Bei der Festnahme unmittelbar nach der Tat leistete S. heftigen Widerstand. Sechs Polizisten mussten ihn zu Boden bringen. Weil er einen verwirrten Eindruck machte, kam er in eine psychiatrische Einrichtung.

Richter zweifeln an der Version des 24-Jährigen

Dass tatsächlich ein Teufelswahn die Tat ausgelöst hatte, daran zweifelte der Vorsitzende Richter des Schwurgerichts, Norbert Riedmann. Er meinte, die Schilderungen des Angeklagten zum Tathergang und zu seiner angeblichen Psychose klängen "auswendig gelernt - das fällt auf".

Die Frage, ob eine Psychose vorlag und der Angeklagte daher nicht oder nur eingeschränkt schuldfähig ist, wird der psychiatrische Sachverständige Matthias Hollweg im Laufe des Prozesses beantworten. Für das Verfahren sind noch zehn Verhandlungstage angesetzt.

© SZ vom 11.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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