Prozess:Keine Verurteilungen nach Masskrug-Schlägerei

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  • Ein Gastwirt aus Gilching wird auf dem Oktoberfest mutmaßlich mit einem Masskrug geschlagen und muss mit zwölf Stichen genäht werden.
  • Bei der Gerichtsverhandlung ergibt sich kein einheitliches Bild aus den Zeugenaussagen. Eine Angeklagte wird freigesprochen, das Verfahren gegen einen anderen eingestellt.
  • Der mutmaßliche Haupttäter kommt nicht zur Verhandlung. Ob er nun per Haftbefehl gesucht wird, ist noch offen.

Von Susi Wimmer

Für manche ist es das Highlight jeder Wiesn-Saison: Der allerletzte Abend, im abgedunkelten Bierzelt leuchtet ein Meer an Wunderkerzen, und alle grölen ein letztes "Angels" von den Bierbänken. Das wollte auch der Gilchinger Gastronom Francesco Turrisi einmal gesehen haben. Allerdings endete der finale Wiesn-abend für den 33-Jährigen im Krankenhaus. Statt schunkelnder Seligkeit bekam er laut Anklage einen Faustschlag auf den Kopf, mehrere Schläge mit einem Masskrug auf den Hinterkopf und am Ende noch eine Watschn von einer Frau.

Die Frau, die den Verletzten angeblich geohrfeigt haben soll, heißt Onnis P. Sie trägt blonde Haarsträhnen, die mit dicken pinken Gummis zu einem Pferdeschwanz gebunden sind, schwarze Glanz-Leggins, und einen blauen Plüsch-Delfin an der Handtasche. So sitzt sie auf der Anklagebank, neben ihr ihr heutiger Ehemann Felix C. Er soll das Opfer mit der Faust auf den Kopf geschlagen haben. Beide standen bereits wegen anderer Körperverletzungen vor Gericht. Beide hatten an dem Abend gut getrunken - bei ihr waren es etwa 1,8 Promille, bei ihm 2,4.

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Wer in der Verhandlung fehlt, ist der Haupttäter, Erik T. Er, der Masskrugschläger, soll sich nicht mehr in Deutschland aufhalten. Er ist angeklagt wegen gefährlicher Körperverletzung, was erstaunlich ist, zumal es Jahre in München gab, in denen Schläge mit Masskrügen auf Köpfe von Wiesnbesuchern als versuchter Mord verfolgt wurden. Und der Schlag auf den Kopf von Francesco Turrisi muss heftig gewesen sein. Laut Anklage zerbarst der Krug auf seinem Hinterkopf.

"Eigentlich", erzählt der Gastwirt der SZ, würden er und seine Frau die Abendstunden auf der Wiesn generell meiden. Aber einmal wollte er das "Sierra Madre" im Augustiner-Zelt hören und die Stimmung miterleben. Zusammen mit Freunden schafften sie es gegen 21.20 Uhr noch ins Zelt, standen am Gang herum und der Freund ging schon mal eine Mass holen. Turrisi, gebürtiger Italiener, hörte neben sich spanische Wortfetzen und unterhielt sich mit der Gruppe aus Männern und Frauen. "Aber die waren untereinander so aggressiv, da hab ich mich weggedreht", erzählt er.

Das Nächste, an das er sich erinnert, war ein Schlag auf den Kopf, ein entsetzter Blick seiner Frau und seine Hände, die an den Kopf greifen und blutüberströmt sind. "Dann weiß ich nicht mehr viel." Mit zwölf Stichen wurden die Kopfplatzwunden genäht. Für ihn aber ist es schlimm, dass er zwei Tage nach dem Schlag wieder einen epileptischen Anfall erlitt. "Dabei musste ich keine Tabletten mehr nehmen und hatte seit zwei Jahren keine Anfälle mehr."

Als Zeugin kommen eine Radi-Verkäuferin, ein unbeteiligter Gast, Angehörige. Doch es ergibt sich kein einigermaßen einheitlichen Bild von dem Abend. Weder der Faustschlag, noch die Ohrfeige können mit absoluter Sicherheit bewiesen werden. So wird das Verfahren gegen Felix C. gegen eine Auflage von 2000 Euro eingestellt, Onnis P. wird frei gesprochen. Ob die Staatsanwaltschaft den Haupttäter per Haftbefehl suchen lässt, bleibt offen.

© SZ vom 03.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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