Prozess in München:Bewährungsstrafe für Vergewaltiger

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Auf einer Schultoilette hat er eine Schülerin mit einer Waffe bedroht und vergewaltigt: 20 Jahre nach der Tat ist ein Mann nun verurteilt worden. Weil er seit vielen Jahren eine Therapie macht, ist das Urteil sehr mild ausgefallen.

Von Christian Rost, München

Fast 20 Jahre nach der Vergewaltigung einer Schülerin in der Toilette eines Münchner Gymnasiums ist der Täter verurteilt worden. Das Landgericht München I verhängte gegen den heute 36-Jährigen aber nur mehr eine zweijährige Bewährungsstrafe. In nichtöffentlicher Sitzung entschied die Jugendkammer am Mittwochabend, dass von dem Mann keine Gefahr mehr ausgehe. Dem Urteil lag eine Absprache der Prozessbeteiligten über das Strafmaß zugrunde.

Der ehemalige Kantinenhelfer ist bereits seit 17 Jahren in der Psychiatrie des Isar-Amper-Klinikums untergebracht, zuletzt in einer offenen, betreuten Wohngruppe. Die Polizei hatte ihn erst 1996 nach einem zweiten, ähnlich gelagerten sexuell motivierten Überfall auf ein weiteres Mädchen festnehmen können. Ein Gericht verfügte danach seine Einweisung in die psychiatrische Klinik.

Dass der damals 16-Jährige sich auch schon Anfang Februar 1995 in ein Gymnasium geschlichen und dort mit einer Luftdruckpistole bewaffnet eine gleichaltrige Schülerin schwer missbraucht hat, konnte ihm die Polizei nicht nachweisen. Erst 2012 stand nach einem neuerlichen Spurenabgleich im Fahndungscomputer der Mann als Täter fest: Am Tatort war damals zwar seine DNA sichergestellt worden, sie konnte ihm aber nicht zugeordnet werden.

Haftstrafe wäre kontraproduktiv für Therapie

Die Vergewaltigung der Schülerin wäre üblicherweise mit einer langjährigen Freiheitsstrafe geahndet worden. In diesem Fall jedoch sagten zwei psychiatrische Gutachter, dass von dem Täter keine Gefahr mehr ausgehe und eine Haftstrafe für den Mann nach der langen Therapie kontraproduktiv wäre.

Auch sein Anwalt Michael Wich sagte, die ganze Therapie wäre "für die Katz", wenn sein Mandant nun in der Strafhaft mit Kriminellen zusammenkäme. Sein Zustand sei stabil, er werde aber auch noch nach der Entlassung aus der Maßregel von Therapeuten und einem Bewährungshelfer "eng betreut". Vor Gericht gestand der Angeklagte die Tat, die ihn all die Jahre in der Psychiatrie selbst schwer belastet habe.

© SZ vom 14.11.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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