Prozess:Cannabis-Aktivist scheitert mit Klage gegen Krankenkasse

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Cannabis-Aktivist Franz Wolf wollte von der AOK eine Kostenübernahme für Cannabis. (Foto: Florian Peljak)
  • Franz Wolf nimmt seit Jahren Cannabis gegen chronische Rückenschmerzen.
  • Bis zum März 2017 zahlte er das Mittel selbst, dann trat eine Gesetzesänderung in Kraft, die Cannabis-Erwerb und -Konsum aus medizinischen Gründen erlaub - die Krankenkasse übernahm die Kosten.
  • Von der AOK forderte Wolf nun die Kostenübernahme auch vor diesem Zeitpunkt.

Von Stephan Handel

Der Cannabis-Aktivist Franz Wolf ist mit einer Klage gegen die AOK vor dem Landessozialgericht gescheitert: Wegen mehrfacher Überschreitung von Widerspruchsfristen sah sich der 4. Senat außerstande, in die inhaltliche Prüfung von Wolfs Begehren einzusteigen, und riet ihm, seine Berufung gegen eine Entscheidung der ersten Instanz zurückzunehmen. Wolf wollte von der AOK eine Kostenübernahme für Cannabis, das er vor März 2017 aus eigener Tasche bezahlt hat. Das verweigerte die Krankenkasse, während sie ab diesem Zeitpunkt bezahlt - da trat eine Gesetzesänderung in Kraft, die Cannabis-Erwerb und -Konsum aus medizinischen Gründen erlaubt.

Der 50-jährige Wolf ist nach eigenen Angaben seit 30 Jahren Cannabis-Konsument - er sagt, er benutze die Pflanze als Mittel gegen chronische Rückenschmerzen und gegen Depressionen. Im März 2015 stellte er einen Antrag bei der AOK, diese solle die Kosten übernehmen, denn zu diesem Zeitpunkt konnte in Einzelfällen die Erlaubnis zu Kauf und Konsum erteilt werden. 12 000 Euro will er haben. Die AOK lehnte den Antrag ab, weil Cannabis zu diesem Zeitpunkt noch als "nicht verordnungsfähig" eingestuft war. Zudem war Wolf noch nicht im Besitz der Erlaubnis, die die Bundesopiumstelle erteilt. Im Prozess behauptete er, die AOK habe ihm gesagt, bevor er diese Bescheinigung nicht habe, brauche er das Erstattungs-Ersuchen gar nicht weiter betreiben - die Vertreterin der Kasse bestritt, dass dieser Rat erteilt worden sein könnte.

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Jedenfalls ließ Franz Wolf die vierwöchige Widerspruchsfrist verstreichen. Und auch, als er die Bescheinigung von der Opiumstelle erhielt, im September 2015, ließ er zwei Monate vergehen, bevor er eine E-Mail schrieb. Das war dem Vorsitzenden Richter Joachim Dürschke dann doch zu viel: "Wir müssen das formale Problem anschauen. Das ist das rechtsstaatliche Prinzip." Mit diesem Argument beendete der Richter auch mehrfache Versuche Wolfs, zu einem Vortrag über den Segen von Cannabis als Medizin anzusetzen.

Die Beendigung des Verfahrens war dann einigermaßen einvernehmlich: Wolf nahm seine Berufung zurück. Die Vertreterin der AOK versprach, einen nochmaligen Antrag auf Überprüfung des ersten Bescheids zügig zu bearbeiten - auch wenn sie schon ziemlich sicher war, was dabei herauskommen würde. Gegen diese erwartbare Ablehnung stünden Wolf dann wieder der Verwaltungs- und der Rechtsweg offen - mit der nunmehrigen Aussicht auf die Einhaltung von Fristen, denn mittlerweile hat er einen Anwalt an seiner Seite.

Ein weiteres Ansinnen Wolfs musste wegen dieser Erledigung nicht mehr näher erörtert werden: Er hatte zusätzlich zu seinen Kaufbelegen eine hohe Stromrechnung eingereicht, die er von der AOK erstattet haben wollte. Richter Dürschke sagte, er wolle gar nicht wissen, wodurch dieser hohe Stromverbrauch entstanden sei - nur soviel sagte er: Der Anbau von Cannabis sei auch weiterhin eine Straftat. Denn für die Zucht von Hanfpflanzen, zumal in Innenräumen, ist künstliche Beleuchtung notwendig, gelegentlich wurden solche Hobby-Gärtner aufgrund des stark überhöhten Stromverbrauchs auch schon von der Polizei ausfindig gemacht. Franz Wolf wollte sich noch verteidigen, sein Rechtsanwalt konnte jedoch rechtzeitig einschreiten.

© SZ vom 09.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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