Perlach:Ende einer zähen Standortbestimmung

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Ruhig, aber auch etwas abseits gelegen ist die Flüchtlingsunterkunft an der Nailastraße. Im Herbst werden voraussichtlich die ersten Jugendlichen einziehen. (Foto: Florian Peljak)

Stadträte beschließen, die Flüchtlingsunterkunft an der Nailastraße als stationäre Einrichtung der Kinder- und Jugendhilfe zu nutzen. Voraussichtlich von September an sollen in den drei zweigeschossigen Häusern bis zu 80 minderjährige Flüchtlinge dauerhaft betreut werden

Von Hubert Grundner, Perlach

Nach zahlreichen - oft unvorhersehbaren - Verzögerungen hat der Standort Nailastraße 10 nun offenbar seine endgültige Bestimmung gefunden. In der jüngsten Sitzung des Kinder- und Jugendhilfeausschusses haben die Stadträte beschlossen, die drei parallel angeordneten Häuser als stationäre Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung zu nutzen. Bis zu 80 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (UMF) werden hier voraussichtlich von September an leben. Ursprünglich war vorgesehen, eine Art "Verteilstation" einzurichten: UMF, die bis vor Kurzem noch in ständig steigender Zahl nach München gekommen waren, sollten an der Nailastraße zunächst aufgenommen, dann aber in anderen Unterkünften dauerhaft untergebracht werden. Inzwischen ist aber die Menge der Schutzsuchenden, die in München auf der Flucht stranden, massiv zurückgegangen. Darauf haben die Stadträte - auch - mit der Umwidmung der Liegenschaft im Gewerbegebiet Perlach Süd reagiert.

"Die Einrichtung soll zu einem Ort werden, an dem junge Geflüchtete betreut werden, die ein Clearingverfahren bereits durchlaufen und die ein vorübergehendes oder dauerhaftes Bleiberecht in Deutschland haben", heißt es dazu in der Beschlussvorlage des Sozialreferats. Dabei handle es sich um unbegleitete Minderjährige, die gemäß Verteilerschlüssel, dem sogenannten Königsteiner Schlüssel, der Stadt zugewiesen wurden und hier bleiben. Schwerpunkte der künftigen Nutzung sollen demnach sinnvolle Anschlussmaßnahmen nach der Phase der Inobhutnahme oder einer bereits bestehenden Betreuung sein.

Beim künftigen Träger der Einrichtung handelt es sich um einen Verbund bestehend aus: Jugendhilfe Condrobs, Diakonisches Werk Rosenheim, Heilpädagogisch-psychotherapeutische Kinder- und Jugendhilfe, Kinderschutz und Verein für Sozialarbeit. Der Trägerverbund muss nun im nächsten Schritt auf Grundlage eines konkreten pädagogischen Konzeptes eine Betriebserlaubnis bei der Heimaufsicht beantragen. Nach den Vorgaben der Jugendhilfe für eine Unterbringung im dauerhaften Wohnen war außerdem die ursprünglich geplante Anzahl der Bettenplätze von 160 auf circa 80 anzupassen.

Der Standort Nailastraße 10 liegt, wie erwähnt, im Gewerbegebiet Perlach Süd, ist laut Sozialreferat für rund zehn Jahre nutzbar und an die Unterbringung von minderjährigen Flüchtlingen gebunden. Die Erreichbarkeit des Gebäudes mit öffentlichen Verkehrsmitteln gilt dabei als "mittelmäßig". Immerhin sei die Haltestelle der Buslinie 196 in guter fußläufiger Nähe, mit dem die S 7 und die U 5 gut erreichbar seien. Als Pluspunkt wertet man im Sozialreferat die Nähe zweier Kinder- und Jugendfreizeitstätten. Die seien darauf eingestellt, junge Geflüchtete auf Zeit in das Stadtviertel zu integrieren. Auch stehe der Helferkreis Nailastraße bereit, der schon Kooperationen mit benachbarten Schulen unterhalte. Die hier engagierten Bürgerinnen und Bürger würden ebenfalls die in der Einrichtung lebenden jungen Menschen in ihren Integrationsbestrebungen unterstützen wollen.

Durch die bauliche Gestaltung der Unterkunft lasse sich die Nutzung sehr in unterschiedliche Einheiten aufgliedern. Die gesamte Bruttogeschossfläche betrage 3770 Quadratmeter. Eine Aufteilung in jeweils drei Gruppeneinheiten im Erdgeschoss und drei Gruppeneinheiten im Obergeschoss sei sinnvoll und möglich. Auch lassen sich laut Sozialreferat alle Eingangsbereiche so gestalten, dass jede Gruppe von außen getrennt zugänglich ist.

Ergänzend wurde in dem Beschluss des Kinder- und Jugendhilfeausschusses festgehalten, dass das Gebäude an der Nailastraße als Unterkunft für alleinerziehende geflüchtete Frauen mit Kindern nicht geeignet ist. Die baulichen Gegebenheiten, wie Duschen, Küchen, Kinderbereiche seien hier nicht ausreichend vorhanden. Außerdem will man eine Unterbringung gemeinsam mit meist männlichen unbegleiteten Minderjährigen vermeiden - nicht zuletzt deshalb, weil viele junge Mütter auf der Flucht sexuellen missbraucht oder anderweitig traumatisiert wurden. Den Antrag des Bezirksausschusses Ramersdorf-perlach für den Umzug der Flüchtlingsunterkunft an der Rosenheimer Straße, wo derzeit Mütter mit ihren Kindern untergebracht sind, an die Nailastraße haben die Stadträte somit abgelehnt.

© SZ vom 05.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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