Perlach:Bedingt begeistert

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Grünes Bauland: Die städtische Wohnungsbaugesellschaft GWG will an der Ecke Balanstraße und Puechberger Strasse Wohngebäude errichten. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Anwohner äußern Bedenken zum "Wohnen für alle"-Programm in Ramersdorf und Perlach. Die Stadt bemüht sich, Zweifel zu zerstreuen

Von Laura Zwerger, Perlach

Unmut war bereits im Saal zu spüren, bevor die Veranstaltung überhaupt begonnen hatte. Die Stadt München und die städtische Wohnungsbaugesellschaft GWG haben sich jetzt in der Mensa des Schulzentrums Perlach Nord besorgten Bürgern gestellt. Im Zuge des Wohnungsbauprogrammes "Wohnen für alle" sollen in Ramersdorf und Perlach geförderte Wohnungen entstehen.

Von ursprünglich sieben sind nun sechs Gebäude auf städtischem beziehungsweise GWG-Grund genehmigt: jeweils zwei Wohnhäuser mit fünf Geschossen an der Ständlerstraße und an der Görzer Straße, ein weiteres fünfstöckiges Haus an der Balanstraße sowie ein viergeschossiges an der Puechbergerstraße. "Es gibt noch keine konkreten Pläne, wie ein Haus aussehen soll", sagte Ole Beißwenger, der das Projekt als Architekt betreut. "Die Ausschreibung läuft noch." Grob umrissen solle jedoch ein Haus mit fünf Geschossen 15 Meter hoch sein, einen Grundriss von 16 auf 16 Meter haben und 19 Wohnungen fassen. Am 21. April dieses Jahres hat die GWG in einem Vorbescheid die Neubauten bereits genehmigt bekommen. Sobald die Ausschreibung in den kommenden Tagen beendet und ein Baupartner gefunden ist, soll mit dem Bau begonnen werden, voraussichtlich im November.

Dass die Häuser wie vorgesehen bereits im Mai 2017 bezugsfertig sind, daran äußerten viele Anwohner Zweifel. Die Stadt und die GWG setzen jedoch auf Fertigbauteile wie Dämmplatten, um einen schnellen Baufortschritt zu ermöglichen. "Es ist keine Billigbauweise", stellt Beißwenger zudem fest. "Und es werden keine Baracken oder Containersiedlungen." Um schnell voranzukommen, soll auch generell auf einen Keller verzichtet werden. Benötige man den Stauraum in Zukunft doch, wolle die Stadt im Nachhinein beispielsweise Anbauten prüfen. Beunruhigend an den Bauplänen empfanden die Anwohner, dass die Neubauten, die meist um etwa drei Meter höher als bestehende Gebäude in den Siedlungen werden, viel Licht schlucken und auf den seltenen Grünflächen errichtet werden. In der Ständlerstraße wird beispielsweise die Wiese im Innenhof der GWG-Wohnanalage zugebaut, welche, laut Anwohner, die einzige Erholungsfläche in der Siedlung sei. Baurechtlich sei laut Stadtplanung zwar alles rechtens, auch Mindestabstände zwischen den Häusern seien eingehalten, die Empörung über die enge Bauweise konnte an diesem Abend aber nicht beschwichtigt werden.

Weiter sorgte auch die geplante Vergabe der Wohnungen für Diskussionsbedarf: Eine Hälfte des Wohnraumes soll an bedürftige Menschen mit geringem Einkommen, und die andere Hälfte an anerkannte Flüchtlinge vergeben werden. "Es ist uns ein Anliegen, vor allem Kinder aus den Flüchtlingsunterkünften rauszuholen", sagt Monika Betzenbichler. Sie ist als Leiterin der sozialen Wohnraumversorgung der Stadt für die Belegung zuständig. Etwa 60 Prozent der Wohnungen werden an Einzelhaushalte und 40 Prozent an Familien vergeben. Da so jedoch Wohnfläche auf engem Raum entsteht, möchte Betzenbichler mit der GWG besonders bedacht bei der Auswahl der neuen Mieter vorgehen: Über Internetplattformen will man die Wohnungen für Sozialwohnungsberechtigte anbieten - aus fünf Bewerbern kann die Hausverwaltung dann auswählen, besonders gewünscht seien Auszubildende.

Zur Belegung mit Flüchtlingen sollen Sozialpädagogen in den Heimen Gespräche führen, um passende Kandidaten zu eruieren. "Nach Möglichkeit nehmen wir die, die hier schon ein bisschen heimisch geworden sind", saget Betzenbichler. So könne sie sich gut vorstellen, viele aus der Unterkunft im ehemaligen Heizkraftwerk in der Rosenheimer Straße umzusiedeln. In dieser Unterkunft befänden sich zusätzlich verhältnismäßig viele Frauen und Kinder, die vorgesehene Verteilung von 40 Prozent Frauen und 60 Prozent Männern auf die Neubauten könne so womöglich sogar gänzlich ausgeglichen werden.

Sind die neuen Mieter dann eingezogen, soll ihnen die Integration durch den Einsatz von Sozialpädagogen erleichtert werden. "Wir werden die neuen Bewohner begleiten und ihnen die hiesigen Regeln wie Mülltrennung oder Ordnung in den Anlagen erklären", sagt Betzenbichler. Das Bemühen der städtischen Vertreter, mögliche Konfliktpotenziale bereits im Ansatz zu verhindern, fruchtete trotz der mehrstündigen Veranstaltung jedoch nicht wirklich. Viele Anwohner zeigten sich um Sicherheit und Ordnung besorgt - gerade wenn Flüchtlinge einziehen sollten. Betzenbichler stellte indes klar, dass mit dem Förderprogramm "Wohnen für alle" auch "alle gemeint sind, die bei uns registriert sind. Demnach auch anerkannte Flüchtlinge". Eine andere Belegung komme daher nicht in Frage. Thomas Kauer, Vorsitzender des Bezirksausschusses 16 (Ramersdorf-Perlach), versprach letztlich, eine gemeinsame Begehung der betroffenen Siedlungen zu organisieren, um zumindest den Bedenken im Hinblick auf die Grünflächen nachzugehen. Einen Termin gibt es noch nicht.

© SZ vom 17.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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