Pasing:Im Leerlauf

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Bei der Bürgerversammlung dominieren die immer gleichen Themen Verkehr und Verödung

Von Jutta Czeguhn, Pasing

"Wir städtischen Bediensteten liegen nicht unter dem Schreibtisch und schlafen dort." Bernd Schmiedlau vom Planungsreferat konnte sich diese Klarstellung nicht verkneifen. Wie nicht selten, wenn sich Verwaltung und Volk auf freier Wildbahn begegnen, müssen sich die Referatsmenschen einiges anhören. So auch am Dienstagabend bei der Bürgerversammlung in Pasing. Denn Antragsteller wie Zuhörer in der gut besuchten Aula des Bert-Brecht-Gymnasiums kamen sich vor wie in einer Dauerschleife. Das Gefühl, auf der Stelle zu treten, schafft im Stadtbezirk einiges an Frust. Denn die meisten Themen sind beharrliche Klassiker: Wo bleibt das Verkehrskonzept für Pasing-Nord? Wie steht es um einen S-Bahnhalt im neuen Quartier Paul-Gerhardt-Allee? Welche Logik steht hinter den Plänen für den Marienplatz?

Nach Absagen erst von Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD), dann von CSU-Stadträtin Evelyne Menges begrüßte nun Christian Müller als Versammlungsleiter die Bürger. Der SPD-Stadtrat hatte als ehemaliger Vorsitzender des Bezirksausschusses Pasing-Obermenzing eine Art Heimspiel. Ausgewogen im Ton, vor allem mit Sach- und Ortskenntnis, was kein Nachteil war, brachte er die Versammlung zügig über die Bühne. Bei den Dauerthemen, welche die Bürger vorbrachten, fiel allenfalls eine gewisse Nordlastigkeit auf. Der Pasinger Marienplatz war da beinahe die südlichste Lage.

Altreifen als Restposten eines Gewerbegebiets: Das 30 Hektar große Gelände an der Paul-Gerhardt-Allee wird derzeit abgeräumt. (Foto: Jutta Czeguhn)

Hier kam die Frage auf, ob vom geplanten Hotel dort wirklich jene viel postulierte "Magnetwirkung" ausgehen wird und ob es die Verödung der Zentrumsstraßen beziehungsweise des Marienplatzes aufhalten kann. Jens Krumpholz, Unternehmer aus der Bodenseestraße, forderte von der Stadt einen Rechenschaftsbericht zum Pasinger Stadtteilmanagement. Er will Auskunft darüber, wofür die Städtebaufördermittel des Projektes "Aktive Zentren" bislang verwendet wurden und wohin das Geld in den nächsten vier Jahren fließt.

Die Jahreszahl 2013 fiel beim Thema Verkehrskonzept Pasing-Nord. Damals hatten sich Viertelbewohner zu Workshops getroffen und mit großem Engagement Ideen über Straßenführungen und Platzgestaltungen für den Bereich nördlich der Bahngleise entworfen. Heute, so zeigten die vielen Anträge und Beiträge zu diesem Thema, erleben sie eine erhebliche Verkehrsverdichtung in den Wohnstraßen, fürchten um die Sicherheit ihrer Kinder durch zu schnelle Lastwagen in der Tempo-30-Zone, sorgen sich um Schadstoffimmissionen und klagen über zugeparkte Straßen. Unter anderem am Wensauerplatz: Anwohnerin Almuth David brachte Umgestaltungsvorschläge für diesen ehemals zentralen Platz vor, unter anderem sollen die Parkstreifen entlang der grünen Mittelinsel ersatzlos entfallen.

Allen Anträgen und Beschwerden gemein aber war die Forderung nach dem Verkehrskonzept und die Frage, wann es nun endlich kommt. Bernd Schmiedlau lieferte dazu folgenden Zeithorizont: In der zweiten Jahreshälfte werde er dem Stadtrat eine Beschlussvorlage über die Verkehrsuntersuchungen präsentieren. "Gegebenenfalls könnte" es einen Planungswettbewerb für das Gebiet zwischen August-Exter- und Pippingerstraße gegeben. "Gegebenenfalls könnte" das Baureferat beauftragt werden "zu untersuchen", in welchem Bereich "beispielsweise" Fahrradabstellplätze nördlich der Bahn entstehen "könnten". 1300 bis 1400 würden dort zusätzlich gebraucht für die Neu-Pasinger im Wohnquartier Paul-Gerhardt-Allee.

Viele Konjunktive und das Stichwort Paul-Gerhardt-Allee. "Wir haben den Eindruck, dass man sich um die Investoren mehr sorgt als um die Bürger", sagte Heinz Schirdewahn, er wohnt an der Nusselstraße, Hauptzubringer zum neuen Wohngebiet. Wie viele Autos künftig über den Tag unter seinem Fenster vorbeirauschen werden, auch darum soll es in einem Verkehrskonzept-Nord gehen. Die Anwohner dort haben Zweifel, dass bei der Berechnung adäquate Zahlen zugrunde gelegt werden. Sind es 5000, 5500, 6000 oder gar 7000 Menschen, die im neuen Quartier einmal leben werden? Wurden in den bisherigen Prognosen diese Zahlen bewusst nach unten gerechnet, um dem Bau eines Tunnels Richtung Landsberger Straße beziehungsweise eines S-Bahnhalts in diesem Gebiet die rechtliche Grundlage zu entziehen? Auch diese Vermutungen wurden bei der Bürgerversammlung in den Raum gestellt. Neuigkeiten zu den Chancen des potenziellen S-Bahnhalts "Am Schlosspark" gab es an diesem Abend jedoch nicht.

Bernd Schmiedlau berichtete von einem anhängigen Gerichtsverfahren zum Bebauungsplan Paul-Gerhardt-Allee, in dem derzeit "Kritikpunkte" abgehandelt würden. Die Ergebnisse einer Machbarkeitsuntersuchung zum Tunnel würden im Laufe des Frühjahres dem Stadtrat vorgelegt.

© SZ vom 23.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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