Pasing:Die Kupa erwacht

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Das Areal um die stillgelegte, denkmalgeschützte Pasinger Kuvertfabrik hat einen neuen Eigentümer. Die Bauwerk Development will 2019 mit dem Bau von 160 Wohnungen und Gewerbeflächen beginnen

Von Jutta Czeguhn

Es war still geworden um die ehemalige Kuvertfabrik an der Landsberger Straße 444. Im Jahr 2015 hatten die Künstler ihre Ateliers und Seminarräume in der "Kupa", wie der Komplex genannt wird, verlassen müssen; nicht anders war es den Handwerkern und dem Moscheeverein ergangen, die im denkmalgeschützten Jugendstil-Industriebau ihr Quartier hatten. Auch das Velo-Café, einen alternativen Jugendtreff im Pförtnerhaus der Kupa, gibt es längst nicht mehr. Von Westen her hat sich auf dem benachbarten Stückgutgelände mittlerweile der massive Neubauriegel an die schlafende kleine Fabrik herangearbeitet. Sie war nur kurz im November 2017 wieder in die Schlagzeilen geraten, als Aktivisten der Gruppierung "Für Lau Haus" das Gebäude kaperten, um gegen Leerstand und Gentrifizierung zu protestieren. Sie wiesen damit auf die künftige Nutzung des Baus hin, die lange unbestimmt war, in diesen Tagen aber konkret geworden ist. Die Bauwerk Development will auf dem Areal 160 Wohnungen und Gewerbeflächen errichten, nach Plänen des Architektenbüros Allmann Sattler Wappner. Die Kuvertfabrik sei das "gestalterische Herzstück" des Projekts.

Die stillgelegte Pasinger Kuvertfabrik steht unter Denkmalschutz. (Foto: Catherina Hess)

Damit scheint der Fortbestand der Kupa gesichert, was immer sich auf den Etagen des über hundert Jahre alten Gebäudes künftig abspielen wird. Ob es sich dann um teure, bei einem bestimmten Klientel enorm gefragte Loftapartments und exklusive Townhouses handeln, wie die ehemaligen Bewohner und auch die Aktivisten von "Für Lau Haus" vermuten, oder gar eine Kita, die in einem Vorbescheid beantragt war, darüber will sich Julia Wald noch nicht auslassen. Sie ist die Sprecherin der Bauwerk Capital GmbH & Co. KG, zu der Bauwerk Development gehört.

Künstler machten den Bau mit dem Treppenhaus im Jugendstil zu einem lebendigen Kulturort. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Für das Unternehmen haben Allmann Sattler Wappner die beiden Friends-Türme am Hirschgarten entworfen. Laut eigener Darstellung baut man "hochwertige Immobilien für eine anspruchsvolle Zielgruppe". Bauwerk Development hat das rund 11 000 Quadratmeter große Grundstück mit der 1992 stillgelegten Fabrik an der Landsberger Straße 444-446 vom Grünwalder Vermögensverwalter und Projektentwickler Rock Capital erworben. In Pasing hatte man es bislang immer mit Rock-Capital-Geschäftsführer Christian Lealahabumrung zu tun gehabt, der wiederum das Areal samt Fabrik erworben hatte, als der Bebauungsplans Nummer 1922a längst rechtsgültig war. Ein wahres Monster an Bebauungsplan, der das Gesicht Pasings nachhaltig verändert hat. Sein Geltungsbereich reicht von der Lortzingstraße westlich des Pasinger Bahnhofs über die Pasing Arcaden, das Stückgutgelände, bis an sein östliches Ende, ans sogenannte Pasinger Knie, wo das alte Umspannwerk der Stadtwerke in einen Hochhausneubau integriert werden soll. Die Kuvertfabrik war 2006 bei Inkrafttreten des Bebauungsplanes noch kein Baudenkmal. Wie der Kopfbau und die charakteristischen großen Hallen auf dem ehemaligen Stückgutgelände der Bahn hätte also auch sie verschwinden sollen. Doch dann wurde die Kupa zum unbequemen Denkmal.

Die obligatorische Prüfung der Denkmalschutzbehörden im Zuge des Bebauungsplanverfahrens war für die Kupa zunächst fatal ausgegangen: "Nicht erhaltenswert", lautete das Urteil der Experten, die den Bau allerdings nur von außen inspiziert hatten. Mit seinen Anbauten und dem recht heruntergekommenen Gesamtzustand deutete oberflächlich nichts darauf hin, dass sich hinter den Mauern der Kupa ein Zeugnis von Pasings einst eindrucksvoller Industriegeschichte verbergen könnte. Die Künstler um Hauptmieter Martin Siegler, die den Bau instand hielten, hatten aber dessen Qualität als Denkmal längst entdeckt, erfreuten sie sich doch täglich am grandiosen Jugendstil-Treppenhaus, an den Säulen-Sälen, den original Art-Déco-Fliesen und Schablonenmalereien oder an den imposanten Doppelfenstern. Unterstützt von Pasinger Ortshistorikern, Kulturinteressierten und dem Bezirksausschuss als dem politischen Gremium erreichten sie schließlich, dass der Denkmalschutz-Fall Kuvertfabrik noch einmal aufgerollt wurde. Mit Erfolg.

1998 zogen Künstler in die Kuvertfabrik ein. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Noch steht laut Julia Wald von Bauwerk Capital nicht fest, wie das Denkmal Kuvertfabrik in das neue Ensemble aus Wohn- und Gewerbeeinheiten integriert werden soll. Der Bebauungsplan sieht für das Kupa-Areal rund 17 000 Quadratmeter Bruttogrundfläche (BGF) vor. "Es ist uns wichtig, an diesem Standort ein zukunftsweisendes Konzept zu verwirklichen, das Wohn- und Arbeitswelten verbindet", erklärt sie. Die Kuvertfabrik "mit ihrer außerordentlichen Qualität" habe für ihr Unternehmen "einen zentralen Antrieb" dargestellt, das Grundstück zu erwerben. Als Baubeginn für das Projekt nennt sie das erste Halbjahr 2019. Auch das Büro Allmann Sattler Wappner, das in Pasing die beiden Arcaden-Bauwerke und die sogenannten Hofgärten entworfen hat, äußert sich noch nicht näher zu den Plänen.

Für die Politiker im Stadtviertel sind die aktuellen Entwicklungen in Bezug auf das Kupa-Gelände neu. Weder Sven Wackermann (CSU) noch Christian Müller (SPD), beide Mitglieder im Bezirksausschuss, war der Verkauf bekannt. "Er wundert mich nach der langen Pause aber nicht wirklich", sagt Stadtrat Müller.

© SZ vom 24.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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