Olympiadorf:Büros statt Praxis

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Olympiadörfler wie Wolfgang Hülle (links) und Uta Strey bedauern, dass Sebastian Gieger (Mitte) die Praxisräume aufgeben muss. (Foto: Robert Haas)

Das Studentenwerk hat der Physiotherapie in der Alten Mensa im Olympiadorf gekündigt und will die Räume selbst nutzen

Von Nicole Graner, Olympiadorf

Viele Rentner und Bewohner des Olympiadorfes werden wohl bald auf Massagen und Krankengymnastik ganz in ihrer Nähe verzichten müssen. Ende das Jahres muss die Physiotherapie-Praxis "Physiolympia" am Helene Meyer-Ring 9 ihre Räume aufgeben. Das Studentenwerk München, dem das Gebäude gehört, hat der GmbH gekündigt, die weitere neun Filialen betreibt. Ersatzräume hat Physiolympia bisher nicht gefunden.

Wie das Studentenwerk erklärt, möchte es die 400 Quadratmeter große Fläche für Büroräume selbst nutzen. Geplant ist, wie der Pressesprecher des Studentenwerks, Ingo Wachendorfer, erklärt, "eine Konzentration mehrer Verwaltungsstellen an diesem Standort". Durch die Bündelung der Verwaltung der Abteilung Studentisches Wohnen würden, sagt Wachendorfer, Synergien geschaffen. Im Gebäude befänden sich bereits Verwaltungseinheiten, das Beratungszentrum, eine Kindertagesstätte für Kinder von Studierenden sowie Gemeinschaftsräume für Studenten.

Die Kündigung hat nicht nur den Verein der Dorfsenioren im Olympiadorf, sondern auch die Einwohner-Interessen-Gemeinschaft (EIG) Olympisches Dorf auf den Plan gerufen. Vor kurzem haben sie der Landtagsabgeordneten Mechthilde Wittmann (CSU) eine Unterschriftenliste übergeben: 800 Anwohner des Olympiadorfes wollen, dass die Praxis in den Räumen bleiben kann. "Dass es diese Praxis nicht mehr geben soll, hat eine starke Verunsicherung bei den Senioren ausgelöst", sagt Uta Strey von den Dorfsenioren. Viele ältere und alte Menschen, die Patienten in der Praxis seien, würden nun "gezwungen, sich weiter weg etwas zu suchen". Die Mobilität sei ja da in vielen Fällen die größte Schwierigkeit. Aber zum Helene-Meyer-Ring 9, erklärt die 78-Jährige, die seit 13 Jahren im Olympiadorf wohnt, komme man einfach zu Fuß gut hin. Die Vorsitzende ärgert, dass eine solche Entscheidung besonders die schwachen Leute treffe.

"Die Kündigung ist ein großer Schlag für uns und unsere 15 Mitarbeiter", sagt Physiolympia-Geschäftsführer Sebastian Gieger. Besonders aber auch für die Olympiadörfler, wie er anfügt. Der Therapiebedarf sei sehr hoch. Die zehn Behandlungsräume seien ausgelastet - wie auch die drei Räume der kleinen Neuropraxis ein paar Hausnummern weiter. Als sie 2015/2016 in die Räume der Alten Mensa gezogen seien, habe das Studentenwerk deutlich gemacht, dass eine Kündigungsmöglichkeit Ende 2018 bestünde. Es sei, betont Wachendorfer, klar kommuniziert worden, dass "ein Eigenbedarf in Zukunft nicht auszuschließen und der Vertrag deshalb von Anfang an befristet" gewesen sei.

Den Bewohnern sind diese Tatsachen auch bekannt, dennoch ist Physiolympia die "größte Praxis weit und breit", sagt Wolfgang Hülle von der EIG. Eine "leistungsfähige" Alternative sieht er nicht, auch wenn es in unmittelbarer Nähe noch eine Physiopraxis gibt. Hülle mag außerdem nicht glauben, dass eine Büronutzung in diesen Räumen überhaupt möglich ist. "Da passen nur an die 50 Arbeitsplätze hinein - dafür haben dann 9000 Anwohner keine Physiotherapie-Praxis mehr."

Doch das Studentenwerk, betont Pressesprecher Wachendorfer, "ist nicht dafür zuständig, eine physiotherapeutische Versorgung im Olympischen Dorf sicherzustellen". Dennoch hat Sebastian Gieger noch einmal das Gespräch mit dem Studentenwerk gesucht. Aber da sei ihm signalisiert worden, dass es keine Bereitschaft zu Änderungen gebe. Das Kündigungsdatum stehe nicht zur Debatte, stellt Ingo Wachendorfer klar.

© SZ vom 23.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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