Obermenzing:Blick für das große Ganze

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Bei der Bürgerversammlung in Obermenzing wird ein Verkehrskonzept für den gesamten Münchner Westen gefordert. Freiham und andere neue Baugebiete machen den Viertelbewohnern Sorgen

Von Jutta Czeguhn, Obermenzing

"Müssen wir erst die Mülltonnen auf die Straße stellen?!" In den vergangenen Jahren hatte Heinz Schirdewahn stets einen Antrag formuliert, wenn er bei der Bürgerversammlung in der Turnhalle der Obermenzinger Grandlschule ans Mikro trat. Bei seinem Redetalent waren ihm dann kräftiger Beifall, sogar Lacher sicher. Mit seinem Anliegen allerdings, das künftige Baugebiet an der Paul-Gerhardt-Allee doch mit einer ordentlichen Verkehrsanbindung zu versorgen, ist er in all der Zeit bei der Stadt nicht durchgedrungen. Weshalb der Anwohner der Nusselstraße heuer, bei der Versammlung am Dienstag, aus lauter Frust auf einen Antrag verzichtete. Stattdessen sprach er eine Drohung aus, auf die Politiker in diesen Tagen empfindlich reagieren müssen: "Wollen Sie, dass wir Leute wählen, die wir eigentlich nicht wählen wollen?" Auch dafür gab es donnernden Applaus.

"Schad', dass Sie keinen Antrag stellen", kommentierte Versammlungsleiter Josef Schmid (CSU). Zugespitzte und polemische Beiträge seien erlaubt, so Münchens Zweiter Bürgermeister, dennoch müsse er sich vor die Verwaltung stellen. Dort werde weder "getrickst" noch "geschummelt", wie Heinz Schirdewahn gebrandmarkt hatte. Dessen Wutrede war rein rhetorisch der Höhepunkt der diesjährigen Bürgerversammlung, die ansonsten recht sachlich und vor allem zügig über die Bühne ging, was nicht nur am Bayern-Spiel an diesem Abend gelegen hat.

In den 23 Anträgen, welche die Obermenzinger zur Abstimmung brachten, ging es zumeist um den Verkehr und die damit verbundenen Lärmbelastungen und Gefahren. Ein Problem, das die Bewohner im Gebiet zwischen dem Pasinger Bahnhof und der Verdistraße in Obermenzing derzeit massiv umtreibt, ist das erst unlängst eingeführte Lkw-Durchfahrtsverbot auf der Verbindungstangente Meyerbeer-/Offenbachstraße. Seither, so wurde in mehreren Beiträgen beklagt, rauschen die Laster durch die engen Nebenstraßen, etliche davon sind Schulwege. Besonders betroffen: die Grandlstraße, die August-Exter- und die Theodor-Storm-Straße. Gefordert wurde, dass das Lkw-Durchfahrtsverbot auch auf diese Straßen ausgeweitet werden soll. Die Anträge gehen ans Kreisverwaltungsreferat, wo man die Sache als "sehr komplexes Thema" einstuft, so viel konnte Peter Geck, der Zuständige, schon mal verraten. Mit dem Aufstellen einiger Schilder werde es nicht getan sein. Er kündigte allerdings Verkehrszählungen für Juni an.

Überhaupt wird in der Gegend demnächst viel gezählt werden. Auch Bernd Schmiedlau vom Planungsreferat wird im Mai oder Juni Leute auf die Straße schicken. Ermittelt werden sollen Zahlen, die dann in das Verkehrskonzept für das Gebiet nördlich des Pasinger Bahnhofes Eingang finden werden, auf das man im Viertel seit Jahren wartet. Die Stadt will damit aber erst konkret werden, wenn die Bebauung des Weyl-Geländes am Bahnhof abgeschlossen ist.

Aus Sicht von Helmut Rothballer, Sprecher der Interessengemeinschaft Alte Allee/Bergsonstraße, werden auch solche Überlegungen nur Stückwerk sein. Er fordert ein Verkehrskonzept für den gesamten Münchner Westen. Angesichts der Probleme, die vor allem durch den Zuzug von 20 000 Menschen im Freiham auf die Region zukämen, könne es nicht angehen, das jeder Stadtbezirk sein eigenes Süppchen braue und nach dem Sankt-Florians-Prinzip handelt.

Das große Ganze geriet bei der Bürgerversammlung ebenso in den Blick wie das Kleine, aber nicht minder Wichtige: Der Burschenverein Obermenzing, der dieser Tage den neuen Maibaum vor dem Gasthof "Alter Wirt" aufgestellt hat, forderte, dass der Platz endlich saniert wird. Eile sei geboten, da 2017 Menzing 1200 Jahre Ersterwähnung feiert und auch der Alte Wirt 600 Jahre alt wird. Seit Jahren ist dort an der Dorfstraße auch ein passabler Gehweg vor dem Gasthof geplant. Doch derzeit hängt die Erlaubnis für die Umsetzung des Projektes noch irgendwo bei den Denkmalbehörden, weshalb es wohl knapp wird bis zum Doppeljubiläum.

Franziska Miroschnikoff, Seniorenbeirätin im Stadtbezirk, kam schließlich mit einem dringlichen Begehren: Die Toilette an der Trambahnhaltestelle Amalienburgstraße müsse wieder für die Öffentlichkeit geöffnet werden. Dort, nahe des Nymphenburger Parks, seien viele Spaziergänger und Jogger unterwegs. Auch darum wird sich nun die Stadtverwaltung kümmern.

© SZ vom 21.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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