Obergiesing:Von Flucht und Ankunft

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"Angekommen" ist der Titel, den die Schüler ihrem Kalender zum Thema Flüchtlinge gegeben haben. (Foto: privat)

Elf Schüler des Asam-Gymnasiums gestalten und verkaufen in ihrem Projektseminar einen Kalender, der Flüchtlinge und Hilfsprojekte vorstellt

Von Astrid Benölken, Obergiesing

Manche Schulfächer sind vergessen, sobald die letzte Note eingetragen ist. Beim Projektseminar des Asam-Gymnasiums ist das ein wenig anders: Mindestens bis Dezember des nächsten Jahres werden sich die Schüler, ihre Freunde und Bekannten beinahe täglich an das derzeitige Seminar erinnern - so lange läuft nämlich der gemeinsam gestaltete Kalender mit dem Titel "Angekommen". Die Motive von Januar bis Dezember: Flüchtlinge und Helferorganisationen aus München.

"Sie hätten alles machen können", sagt Lehrer Stefan Mathaus über seine elf Schüler: "Von Flaschenöffner bedrucken bis Fahrradschutzkappen verkaufen." Doch es soll dieser spezielle Kalender werden, da sind sich alle von Anfang an einig. "Es hat zur Situation gepasst", sagt Felicitas, die zusammen mit Devin die Geschäftsführung der eigens gegründeten Schülerfirma übernommen hat. So schnell der Entschluss auch gefallen ist, die Umsetzung gestaltet sich deutlich langwieriger. Zunächst müssen sich die Schüler selbst organisieren: Wie gründet man eine Firma, wer übernimmt welche Aufgabe, wie gestaltet man einen Kalender? Und die wichtigste Frage von allen: Wie kommt man überhaupt in Kontakt mit Flüchtlingen?

Die Recherchen dauern länger als erwartet. "Man darf nicht so schüchtern sein, sondern muss einfach mal zum Telefon greifen und anrufen", weiß Benno inzwischen. Er ist für die Produktion mitverantwortlich. Schließlich geben Bekannte Tipps für Ansprechpartner - und mit einem Mal läuft es: "Ich glaube, wir hätten uns nicht vorstellen können, dass die Leute so offen sind - wir sind schließlich nur eine Schülerfirma", sagt Felicitas. Die Helfer und die Flüchtlinge wollen reden. "Ich habe mich bestimmt dreieinhalb Stunden lang mit den Organisatoren von ,Bunt kickt gut' unterhalten", erzählt Geschäftsführer Devin. Eine halbe Stunde als Schreibgrundlage für den Kalender, die restlichen drei, weil es so interessant gewesen sei. Die Fotos zu den Informationstexten schießen die Schüler selbst, mit Spiegelreflex- und Digitalkameras oder auch mal mit dem Handy. Das Layout kommt von einer Werbeagentur, ein befreundeter Grafikdesigner fügt alles zusammen.

Seit Kurzem gibt es den Kalender zu kaufen: Die Schüler schieben Verkaufsschichten beim Elternabend und während der Pausen, bei verschiedenen Buchhandlungen kann man die Kalender inzwischen erwerben, selbst über das Internet soll er bald bestellbar sein. Mit jedem verkauften Exemplar füllt sich die rosafarbene Firmenkasse wieder, die inzwischen leerer und leerer geworden ist. Denn die Gymnasiasten müssen mit der Firma auch Steuern zahlen, der Druck kostet, und die Schüler haben sich verpflichtet, sich für die Arbeit zu entlohnen - mit immerhin 50 Cent pro gearbeiteter Stunde. Die Hälfte ihres Erlöses möchten sie nach Kassensturz Ende Dezember an Flüchtlingsprojekte spenden. Für alle Beteiligten wird das Projekt also lange im Gedächtnis bleiben - auch, weil erste lockere Freundschaften zwischen den Flüchtlingen und Schülern entstanden sind.

© SZ vom 22.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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