Obergiesing:"Ihre Einladung hat mich tief berührt"

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Sie freuen sich: die angehende Heilerziehungspflegerin Meike (Mitte) mit den Bewohnern Florian und Stefanie. (Foto: Robert Haas)

Die kirchliche Stiftung Regens Wagner München am Roßtaler Weg feiert in Obergiesing zusammen mit dem Ehrengast Theo Waigel ihr 20-jähriges Bestehen und die Segnung einer neuen Außenwohngruppe im Neubau an der Hohenschwangaustraße

Von Hubert Grundner, Obergiesing

"Wir haben's geschafft!" Mit diesen wenigen Worten - halb Stoßseufzer, halb Freudenruf - brachte Petra Schweier auf den Punkt, was den vergangenen Freitag zu so einem besonderen Tag für ihren Arbeitgeber gemacht hat: Zum einen feiert die kirchliche Stiftung Regens Wagner München am Roßtaler Weg 20-jähriges Bestehen. Zum anderen wurde nach einem Gottesdienst die Außenwohngruppe im Neubau an der Hohenschwangaustraße 4 gesegnet.

Das sollte und wollte man gebührend feiern, gerade auch mit denen, die der Einrichtung für Menschen mit geistiger Behinderung nahestehen und sie unterstützen. Denn, daran erinnerte Schweier, die Leiterin von Regens Wagner München, bei ihrer Begrüßungsrede im Festzelt: "Die, die vor 20 Jahren schon dabei waren, wissen, dass es nicht leicht war, diese Einrichtung zu realisieren."

Und zu denen gehörte der Ehrengast der Feier, der frühere CSU-Vorsitzende und Bundesfinanzminister Theo Waigel, der als nächster ans Rednerpult trat. Er habe früher, so gestand er seinen lachenden Zuhörern, manchmal zu einer Notlüge gegriffen, um einen Termin abzusagen. "Inzwischen aber ist meine Resozialisierung nach der Politik voll inhaltlich gelungen." Er fahre wieder selbst Auto, sei in München gleich in einen blöden Stau geraten, und den Wein, der hier angeboten werde, lasse er lieber stehen, da er sich ja ans Steuer setzen müsse. Kurzum: "Ich will für den Rest meiner Tage selbst bestimmen, was ich mache", betonte Waigel. Und so sage er heute bei vielen Empfängen und Events, dass er sich das nicht mehr antun müsse. "Aber ihre Einladung hat mich jetzt tief berührt", betonte er. Was wohl viel damit zu tun hat, dass Waigel im schwäbischen Ursberg aufgewachsen ist. Dort ist das Dominikus-Ringeisen-Werk mit seinen Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen beheimatet. Waigel kannte die Behinderten von Kindesbeinen an als einen Teil der Dorfgemeinschaft. Dass das allerdings nicht die Norm ist, musste er auch bald schmerzlich erfahren. So sei er wie die anderen Kinder seiner Klasse in der ersten Stunde, nachdem er an die Oberrealschule in Krumbach gewechselt war, gefragt worden, woher er komme. Als er dann Ursberg sagte, hätten ihn die Mitschüler ausgelacht. Das, so habe er sich damals geschworen, sollte nicht mehr passieren.

Offenbar hat Waigel viel dafür getan, dieses Versprechen einzulösen. Denn Jahre später, er war längst Finanzminister im Kabinett Kohl, war seine Zustimmung gefragt, als es darum ging, auf dem Gelände der ehemaligen McGraw-Kaserne mehrere Behinderten-Betreuungseinrichtungen zu situieren. In der Nachbarschaft von Regens Wagner finden sich heute die Südbayerischen Wohn- und Werkstätten für Blinde und Sehbehinderte, das Münchner Förderzentrum, die Lebenshilfe München sowie Die Brücke.

Damals jedenfalls, so Waigel, sei ein wichtiger Münchner Politiker auf ihn zugekommen, der meinte, man könne die Behinderten doch nicht mitten in der Stadt unterbringen. "Da wusste ich: Ich werde das Projekt genehmigen", sagte Waigel. Eine Entscheidung, die er nicht bereut hat. Eine kleine Frotzelei konnte sich Waigel dann doch nicht verkneifen: Gerade die Oberbayern, die sich ja gerne als Steigerung von Bayern begreifen würden, sollten froh sein, dass es mit Regens Wagner dieses schwäbische Element hier gebe.

© SZ vom 25.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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