Obergiesing:Fast ein Modellversuch

Lesezeit: 2 min

Bislang ohne Wirkung: Bereits im Januar 2014 erhob der Bezirksausschuss die Forderung, wenigstens den Tegernseer Platz vom Durchgangsverkehr zu befreien. (Foto: Robert Haas)

In der kommenden Woche beginnt die umfangreiche Sanierung der Tramgleise zwischen Haidhausen und Grünwald. Die Anwohner der vielbefahrenen Tegernseer Landstraße freuen sich auf eine autofreie Zeit

Von Julian Raff, Obergiesing

So detailliert sie auch auf Bürgerfragen antworteten - auf Änderungswünsche konnten die Baustellenplaner eine knappe Woche vor Beginn der umfangreichen Sanierung der Tramgleise zwischen Haidhausen und Grünwald nicht mehr eingehen. Vielleicht einer der Gründe, warum zum Informationsabend von Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG), Bezirksausschuss (BA) und Quartiersmanagement nur etwa 25 Anwohner erschienen waren. Über die mindestens sechsmonatige Bauzeit hinaus interessierten sich die Anlieger der Tegernseer Landstraße, kurz Tela, für das Projekt einer möglichst autofreien Gestaltung der wichtigen Geschäftsstraße und Nord-Süd-Achse.

Der für den Hauptvortrag zuständige MVG-Planer Ulf Ball hatte die Teilnehmer zwar gebeten, nicht wieder in die Grundsatzdiskussion über Verkehrsberuhigung und Begrünung einzusteigen, kam aber um das Thema ebenso wenig herum, wie seine Kollegen aus dem Kreisverwaltungs- und dem Planungsreferat. Unter dem Beifall ihrer Nachbarn nannte eine Anwohnerin die anstehende Umleitung des Verkehrs einen idealen "Modellversuch" für die dauerhafte Entlastung der Tela, wie sie seit anderthalb Jahren in einer Machbarkeitsstudie skizziert wird.

Wenigstens eine der dort vorgeschlagenen Lösungen wird nun umgesetzt, indem die neuen Tramgleise im südlichen Bereich nach Osten versetzt werden, um Platz für eine Radspur zu schaffen. Weniger Risiko für Radler dürfte manchem Giesinger den Verzicht aufs Auto erleichtern, hofft Ball. Dazu beitragen sollen auch attraktivere, teils begrünte Tramhaltestellen - etwa an der Silberhornstraße. Ansonsten werde der Verkehr rund um die Baustellen während der Sperrungen natürlich beobachtet, versicherten die Planer. Eine sofortige Umsetzung der gewonnenen Erkenntnisse wollten sie freilich nicht versprechen, immerhin werde der Stadtrat das Thema noch in diesem Jahr öffentlich behandeln.

Dass Transparenz den Anwohnerinteressen gegenüber einer mutmaßlichen Autolobby im Rat auch mehr Gewicht verschafft, wollten die wenigsten Besucher glauben. Die BA-Vorsitzende Carmen Dullinger-Oßwald (Grüne) erinnerte unterdessen an einen im Januar 2014 gefassten, bislang wirkungslosen Beschluss des Gremiums, wenigstens den Tegernseer Platz vom Durchgangsverkehr zu befreien.

Mehr Vertrauen setzen die Anwohner offenbar in Balls Zusagen zu Baustellen-Management und Ersatzverkehr: Mit dem Beginn der ersten Bauphase (Oberleitungen) am Dienstag, 26. Mai, werden die Tramlinien 15 und 25 komplett durch Busse ersetzt, die mindestens im bisherigen Tram-Rhythmus fahren, zur Stoßzeit im Siebeneinhalb-Minuten-Takt auch öfter. Die 17er-Tram fährt verkürzt zwischen Amalienburgstraße und Sendlinger Tor, zwischen Stachus und Schwanseestraße wird sie überlappend per Bus ersetzt. Der Expressbus X 30 wird während der gesamten Bauzeit zwischen Tegernseer Landstraße und Ostbahnhof über die Chiemgau- und Balanstraße umgeleitet. Eine zweite Bauphase (Gleisarbeiten) beginnt nach den Pfingstferien am Montag, 8. Juni, und dauert bis Sonntag, 9. August. Die dann wieder verfügbaren Teiltrassen werden zu einer Ersatz-Tram mit der Liniennummer 35 zusammengefasst, die zwischen Wiener Platz und Schwanseestraße verkehrt; in die Ersatzbusse kann am St. Martins-Platz umgestiegen werden, nicht aber am Ostfriedhof. Anderswo werden die Umwege nicht ganz so lang, allerdings werden diverse Haltestellen trotz unveränderter Namen leicht versetzt und entsprechend ausgeschildert. Der 15er-Ersatzbus fährt vom 8. Juni an nur bis zum Klinikum Harlaching. Ball bat um Verständnis: Die 15er-Tram sei eigentlich nur eine Verstärkerlinie für die Stoßzeiten und fahre nur deshalb aus dem Stadtgebiet hinaus bis Großhesselohe, weil dort eine Wendeschleife existiere, sagte er.

Der genaue Zeitplan von Montag, 10. August, an steht noch nicht fest, wird aber so früh wie möglich per Flyer kund getan. Als kleine Entschädigung können die geplagten Tela-Anwohner wenigstens phasenweise die autofreien und damit ruhigen Nachtstunden genießen. Die tägliche Bauzeit ist begrenzt auf die Zeit von 7 bis 20 Uhr; im südlichen Bereich wird allerdings auch samstags gearbeitet. Und der Lieferverkehr bleibt weitgehend möglich.

© SZ vom 21.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: