Nymphenburg:Unsicheres Vermögen

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Bald das letzte Spiel? Wenn der ESV nicht bald eine neue Halle bekommt, verliert der Verein Mitglieder. (Foto: Schellnegger)

Der ESV München hat 7000 Mitglieder, die Kapazitätsgrenze ist längst erreicht: Dringend braucht der Sportverein eine neue Vierfachhalle. Doch das Problem ist die Finanzierung

Von Sonja Niesmann, Nymphenburg

Die Basketballer sind schon weg. Die Abteilungsleitung kündigte, weil für ihren Ballsport nicht mehr Trainingszeit zur Verfügung gestellt werden konnte; Trainer und viele Spieler, darunter die erste Herrenmannschaft, wechselten zu einem anderen Verein. Der ESV München ist an der Kapazitätsgrenze, kann keine neuen Mitglieder mehr aufnehmen und fürchtet, weitere zu verlieren.

Gerade einmal neun Jahre ist es her, dass der Sportverein von seiner alten Anlage an der Wotanstraße, die dem Wohnungsbau im Quartier Nymphenburg-Süd weichen musste, umzog auf sein neues Gelände an der Margarethe-Danzi-Straße. 3000 Mitglieder hatte er damals, die neue Anlage mit Dreifachhalle, vier Sportsälen und Außenanlagen unter anderem für Beachvolleyball, Feldhockey und Fußball war für 6000 Sportler konzipiert. Doch München wächst und wächst, vor allem die Neubaugebiete an der Bahn und ein streckenweise gut ausgebauter Radweg, der Pasing mit Nymphenburg verbindet, brachten dem Verein kontinuierlich Zuwachs. Mittlerweile hat er 7000 Mitglieder, zählt mit 23 Abteilungen und dem Ferienprogramm Kibelino, in dem bis zu 2500 Kinder betreut werden, zu einem der größten Breitensportvereine in der Stadt. Diverse Schulen haben zudem ihren Sportunterricht hier, unter anderem die benachbarte Grundschule, deren 20 Klassen die Räume vormittags schon zum allergrößten Teil belegen.

Die Lösung wäre ein Anbau an die Dreifachhalle, auf dem Allwetterplatz: eine Vierfachhalle, unterteilt in sechs kleinere Einheiten für Kampfsport, Turnen, Badminton, Zumba und dergleichen. Pläne für diesen - nach erster grober Schätzung zehn Millionen Euro teuren - Neubau hat der ESV schon vor zwei Jahren vorgelegt, seitdem verhandelt er mit der Stadt. "Sportpolitisch gesehen ist das sicher keine Frage", sagt Vereinspräsident Ansgar Ruggaber, "wir haben ja einen eklatanten Hallenmangel in München". Auch das städtische Referat für Bildung und Sport sieht den Bedarf "als absolut gegeben" an. Doch das Problem ist die Finanzierung. Das gängige Modell sieht 30 Prozent Fördermittel von der Stadt, 20 Prozent vom Freistaat und zehn Prozent Eigenmittel vor, der Rest wird über Kredite finanziert. Doch dafür hat der Verein nicht die nötigen Sicherheiten. Obwohl die Gebäude laut Ruggaber 16 Millionen Euro wert sind, werden sie durch die sogenannte Heimfallklausel im Erbpachtvertrag mit der Stadt nur auf 300 000 Euro angesetzt. "Das ist für eine Bank natürlich zu wenig", sagt der Präsident.

Das Sportamt prüft derzeit verschiedene Finanzierungsmodelle, "die über die Regelung der Sportförderung hinaus gehen". Man gehe davon aus, versichert eine Sprecherin des Referates für Bildung und Sport, "dass noch in diesem Jahr eine Entscheidung zur Finanzierung getroffen wird". Der Bezirksausschuss Neuhausen-Nymphenburg hat dieser Tage in einem Dringlichkeitsantrag eine "rasche Entscheidung angemahnt, auch die Vereinsführung hofft sehr darauf. "Das Zeitfenster geht allmählich zu", erklärt Ruggaber. Denn im nächsten Herbst wird sich der Engpass weiter verschärfen, wenn neben der Grundschule an der Margarethe-Danzi-Straße noch ein Sonderpädagogisches Förderzentrum mit 136 Schülerinnen und Schülern mit Heilpädagogischer Tagesstätte für 112 Kinder eröffnet, das ebenfalls vertraglich festgelegte Belegungsrechte hat. Je zwei Sportstunden am Vormittag für 16 Klassen habe der künftige Schulleiter bereits angemeldet, berichtet ESV-Geschäftsführer Roger Zeißner, und zusätzlich Räume bis 16 Uhr nachmittags. Wenn aber vormittags alles voll ist und die beiden benachbarten Schulen ihr Programm weiter in den Nachmittag hinein ausweiten, müssten Angebote des Vereins - zum Beispiel die gut ausgesprochen besuchte Kindersportschule - gestrichen werden. "200 Kinder und Jugendliche könnten wir dann verlieren", schätzt Zeißner, und der Verein "rutscht in die roten Zahlen", fürchtet Ruggaber.

Wenn die Finanzierung erst einmal geregelt ist, könnte alles relativ schnell gehen. Der Bauantrag ist fast fertig, im Herbst 2017, wenn allmählich auch die Outdoor-Sportler ins Warme drängen, könnte die neue Halle eröffnet werden. "Man kann die Mitglieder nicht zu lange auf bessere Zeiten vertrösten", sagt Ansgar Ruggaber sorgenvoll. "Irgendwann reicht's ihnen und sie sind weg. Wie die Basketballer."

© SZ vom 26.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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