Neuhausen:Zwei Welten, ein Vergnügen

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Beim Projekt "Alt und Jung" kommen die Generationen zueinander, um jeweils vom anderen Neues zu lernen

Von Sonja Niesmann, Neuhausen

Jutta Metzenauer, Pädagogin im Waisenhaus, zitiert den Schriftsteller Peter Bamm: "Im Grunde haben die Menschen nur zwei Wünsche - alt zu werden und dabei jung zu bleiben." Leider geht beides zusammen nicht, außer im übertragenen Sinn. Aber vielleicht wäre schon einiges gewonnen, wenn jene, die am Anfang ihres Lebens stehen und jene, die schon beträchtlich Lebenszeit hinter sich und viele Erfahrungen gewonnen haben, mehr miteinander zu tun hätten. "Alt und Jung", ein vom "Adventskalender der Süddeutschen Zeitung" angestoßenes und zusammen mit dem Sozialreferat realisiertes Projekt, spannt nun Kinder und Jugendliche aus dem Münchner Waisenhaus mit älteren Menschen aus dem Alten- und Servicezentrum (ASZ) Neuhausen zu Unternehmungen und Begegnungen zusammen, aus denen sich vielleicht auch festere Beziehungen entwickeln können.

Einiges hat schon stattgefunden seit diesem Sommer: ein Ausflug auf einen Bio-bauernhof, gemeinsames Filmeschauen, Kochen mit Jugendlichen aus Eritrea und Afghanistan. Bassiirou Sarr, aus dem Senegal stammender Erzieher im Waisenhaus und von allen nur "Herr Bass" genannt, hat einen Trommeltreff im ASZ organisiert. Victoria Hölzer hat ihren 80. Geburtstag im ASZ mit Gästen gefeiert, die etwa sieben Jahrzehnte jünger sind als sie und berichtet geradezu schwärmerisch davon: "Das war zauberhaft, vielleicht mein schönster Geburtstag." Sie engagiert sich auch bei der Hausaufgabenbetreuung und hat den Eindruck gewonnen, dass Kinder gerade "von Älteren, die keine Befehlsgewalt über sie haben", Anregungen recht gut annehmen.

Die Welt entdecken: Unterwegs können Alt und Jung Neues lernen. (Foto: privat)

Weitere Vorschläge, was Alt und Jung zusammen machen könnten, wurden kürzlich bei einem Brainstorming im ASZ gesammelt. ASZ-Leiterin Christiane Zubel ist hinterher fast ein bisschen geplättet vom Zulauf der interessierten Seniorinnen, von der Menge der Vorschläge: "Das müssen wir jetzt irgendwie kanalisieren." Zu den regelmäßigen ASZ-Besuchern, überwiegend Frauen, gesellen sich an diesem Nachmittag auch neue Gesichter, die von dem Generationenprojekt gehört haben.

Die Pinnwand füllt sich im Nu mit Ideenzetteln. Lieder singen, Ostereier bemalen, Ketten und Armbänder aus Perlen herstellen, eine Kunstwerkstatt, Stadtführungen, ein Ausflug ins Museum Mensch und Natur. Oder eine Tablet-Rallye durch die Villa Stuck, bei der Teams aus jeweils einem Kind und einem Erwachsenen Aufgaben lösen müssen. "Ich kenn mich da nicht aus, ich hab' doch so was gar nicht", wirft eine ältere Dame irritiert ein, und ihre Nachbarin erwidert: "Ja also, dann geh doch da mit, die Kinder zeigen dir das." Auch was alles mit einem Smartphone anzustellen ist oder wie man skypt, könnten die Jungen den Älteren zeigen - ein weiterer Vorschlag auf einem Zettel an der Pinnwand. Wer solche und bessere Ideen hat und mitmachen will, sich kann sich ans ASZ Neuhausen, Telefon 13 998 283, wenden.

Die frühere Stern- und NDR-Journalistin Uta König zum Beispiel würde gerne Videos mit den Kindern und Jugendlichen drehen, sie hat das vor Jahren schon einmal mit Flüchtlingskindern in Hamburg gemacht und erlebt, "dass ihnen das sehr viel Selbstvertrauen gab". Videos drehen, richtet Jutta Metzenauer aus, stehe auch auf der Wunschliste der Kinder und Jugendlichen aus dem Waisenhaus, die in dieser Runde fehlen, weil sie noch in der Schule oder an ihren Hausaufgaben sitzen. "Einer hat auch gesagt, er will backen. Und ein anderer möchte gerne mal ein Altenheim besichtigen. Da waren wir richtig gebügelt."

Angebote wie ein Altenheimbesuch oder "Senioren erzählen von früher" erfordern zwar keinen finanziellen Aufwand, aber vieles andere kostet Geld - Eintrittskarten, Fahrten, Material, Aufwandsentschädigungen. Und eben das steuert der SZ-Adventskalender bei.

© SZ vom 06.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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