Neuhausen:Sehnsucht nach einem neuen Paradies

Lesezeit: 2 min

Die Gemeinschaftsgärtner des Vereins "O'pflanzt is!" müssen ihre grüne Oase dem Wohnungsbau opfern. Nun haben sie zwei neue Standorte im Visier - Wurzeln schlagen würden sie am liebsten im Kreativquartier

Von Sonja Niesmann, Neuhausen

Seit acht Wochen suchen sie intensiv nach einer neuen Heimat für ihren Gemeinschaftsgarten. Nun hat der Verein "O'pflanzt is!", der zum Jahresende sein Gelände an der Emma-Ihrer-Straße räumen muss, zwei mögliche Ersatzgrundstücke in Neuhausen ins Auge gefasst. Das eine in der Nähe des Romanplatzes, eine Grünfläche an der Arnulfstraße neben dem Wertstoffhof, bezeichnet Vereinsmitglied Volker Kühne als "ganz gut", viel spannender aber sei das andere: eine Fläche im Kreativquartier am Leonrodplatz, also nur einen Steinwurf entfernt vom derzeitigen Standort. In das Gemisch aus Künstlern und Kreativschaffenden, von denen einige selbst ein Faible für bunte Blumentöpfe und Grün auf kleinstem Raum haben, würden die O'pflanzer ihrer Meinung nach gut hineinpassen: "Wir glauben, wir würden gut zusammenwachsen."

Den Haken an der Sache benannte Kühne in der jüngsten Sitzung des Bezirksausschusses (BA) Neuhausen-Nymphenburg gleich selbst. Beides sind öffentliche Grünflächen, "da darf nichts angesät werden". Das Säen und Pflanzen, ein Bauwagen und auch eine kleine Kaffee-Ecke aber seien "elementar" für das Garten-Projekt. Voraussetzung für die Besiedelung also wäre eine Umwidmung zu einer Fläche für Sondernutzung. Während Kühne sich in Zweckoptimismus übte - "das bliebe ja grün, und wir haben ja immer offene Türen" -, wiegten einige BA-Mitglieder schwer die Köpfe. Umwidmung, das werde nicht ganz leicht gehen. Und könnte dauern. Dennoch bittet der Bezirksausschuss die Stadt einstimmig um Prüfung der beiden Standorte.

Abbruchstimmung: Bis zum Jahresende muss der Gemeinschaftsgarten geräumt sein. Was in jahrelanger Arbeit liebevoll und sorgsam angelegt und gehegt worden ist, landet nun als Gerümpel auf dem Haufen. (Foto: Amelie Sachs/oh)

Seit 2012 ist das sozio-ökologische, inzwischen auch mehrfach ausgezeichnete Stadtgartenprojekt an der Ecke Emma-Ihrer-/Schwere-Reiter-Straße zuhause und in dieser Zeit kontinuierlich gewachsen und gediehen. In ehrenamtlicher Arbeit sind in mehr als 30 Beeten und einem Gewächshaus (alles selbst gebaut) mehr als 40 Tomatensorten, verschiedene alte Kartoffelarten, Zucchini, Rote Bete, Kürbisse, jede Menge Salate, Kräuter, und viele andere alte Gemüsesorten angebaut worden. Jährlich erkunden mehr als 1000 Besucherinnen und Besucher das 3300 Quadratmeter große Gelände, es gibt etwa 150, teils kostenlose Veranstaltungen sowie ein Kinder- und Familienprogramm.

Dass sie nicht auf Dauer dort bleiben können, war allen klar - doch die Entwurzelung kam dann mit einem Ruck. Im August erhielt der gemeinnützige Verein die Kündigung zum 31. Dezember dieses Jahres. Der Freistaat wird auf dem Gelände Wohnungen für Staatsbedienstete errichten. Gespräche mit der Stadibau über einen Aufschub wenigstens für ein paar Monate waren fruchtlos. Seitdem durchforstet der Vereinsvorstand die Stadtlandschaft, vorzugsweise in Neuhausen, Nymphenburg und dem westlichen Schwabing. Mitten in der Stadt zu bleiben, betont die neu gewählte Vereinsvorsitzende Julia Winter, sei sehr wichtig, "das gehört zum Konzept des Urban Gardening".

Durchatmen mitten in der Großstadt: An der Emma-Ihrer-Straße ist dies nun Vergangenheit, auf dem Gartengelände werden bald Wohnungen gebaut. (Foto: Amelie Sachs/oh)

Bei ihrer Suche haben die Gartler städtische Behörden um Hilfe gebeten, doch auch die können kein Gelände aus dem Boden stampfen. Freiflächen, vor allem in der Innenstadt oder in Innenstadtnähe, seien doch "sehr eingeschränkt verfügbar", merkt das Planungsreferat nüchtern an. Die Nutzung von Flächen im Englischen Garten, im Olympiapark oder im Nymphenburger Schlosspark, teilt der Verein mit, "wurde abgelehnt".

Immerhin kann das Planungsreferat mit einer Fläche dienen, die O'pflanzt is als Zwischenlager ab sofort mieten kann. Für den Umzug in dieses Zwischenlager werden noch freiwillige Helfer gesucht, am besten mit großen Transportfahrzeugen. Wer an den Samstagen, 9. oder 16. Dezember, dazu Zeit hat, kann sich melden unter mitmachen@o-pflanzt-is.de.

© SZ vom 01.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: