Neuhausen:Keine Alternative

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Klare Ansage: Die BA-Vorsitzende Anna Hanusch stimmte dafür, das Lokal "Goldener Hirsch" zu verlassen. (Foto: Robert Haas)

Bezirksausschuss tagt nicht mehr im "Goldenen Hirschen", weil sich dort die AfD trifft

Von Andrea Schlaier, Neuhausen

Sie wollten es diesmal nicht an die große Glocke hängen. Schließlich gehe es 2017 nicht um die NPD oder die vom Verfassungsschutz beobachtete Gruppierung "Pro Deutschland" und auch nicht um die Splitterpartei "Die Rechte". In den vergangenen Jahren haben sich alle drei Vereinigungen mehr oder weniger regelmäßig in der Gaststätte "Goldener Hirsch" an der Renatastraße getroffen. Der Bezirksausschuss Neuhausen-Nymphenburg hatte das zum Anlass genommen, dem Wirtshaus als eigenem Sitzungslokal den Rücken zu kehren. Man wollte nicht am selben Tisch Platz nehmen, an dem tags zuvor ausländerfeindliche Parolen die Runde gemacht hatten. Mittlerweile wechselten die Pächter und Besucher, die Stadtviertelpolitiker kehrten für einen Teil der jährlichen Sitzungen zurück. Und ziehen jetzt wieder aus. Grund ist die Alternative für Deutschland (AfD), die sich hier neuerdings trifft.

Mehrheitlich hat sich der BA in seiner jüngsten Sitzung dafür ausgesprochen, das Lokal, in dem in diesem Jahr noch vier Versammlungen hätten stattfinden sollen, vorzeitig zu verlassen. "Worte wie Boykott sollten diesmal nicht im Raum stehen", sagt Ausschuss-Vorsitzende Anna Hanusch (Grüne). "Die Rechte" und die NPD seien etwas anderes als die AfD. Ein Teil der BA-Mitglieder fühle sich aber nicht wohl bei dem Gedanken, dass man in der selben Gaststätte tage. "Wir haben schon länger im Vorstand drüber gesprochen und mehrere Gespräche mit der Wirtin geführt, in der Hoffnung, dass sie auf diese Gäste verzichtet." Das tut sie aber nicht. Man habe sich deshalb geeinigt, ab Juli Alternativen zu suchen.

Doch irgendjemand, sagt Hanusch, hat die Sache an die Presse getragen, und "fälschlicherweise den Eindruck erweckt, als wäre man im Bezirksausschuss einstimmig für einen sofortigen Auszug". Die CSU nahm das zum Anlass, einen Auszug im Dezember abstimmen zu lassen und damit die für 2017 vorgesehenen Versammlungen noch an der Renatastraße abzuhalten. Die Mehrheit des Gremiums votierte dagegen - und für einen sofortigen Weggang.

Bei der Pächterfamilie, die seit eineinhalb Jahren das Haus betreibt, hat man dafür, wie ein Mitglied zur SZ sagte, kein Verständnis. "Wir sind Kroaten, Politik hat uns aus unserem Land gebracht und wir würden auch keine verbotene Partei reinlassen und auch keine Nazis." Aber schließlich sei die AfD zur Bundestagswahl zugelassen, und so lange deren Mitglieder sich "normal" verhielten, würden sie auch eingelassen. "Die kommen einmal im Monat mit 50, 60 Leuten." Man sei ein Familienbetrieb, kämpfe ums Überleben. "10 000 Euro Fixkosten muss man erst mal verdienen!" Die Vertreterin der Familie vermutet Wahlkampf hinter dem Aufruhr.

BA-Chefin Anna Hanusch hat zwar selbst für den sofortigen Auszug gestimmt, "aber von mir aus darf jeder selbst überlegen, ob er hingeht oder nicht". Der BA wird seine Sitzungen nun im Königlichen Hirschgarten und bei der "Geyerwally" hinter dem Taxisgarten abhalten.

© SZ vom 01.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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