Neuaubing/Freiham:Bildungsoffensive

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Perspektiven: Spezielle Förderklassen sollen jungen Flüchtlingen den Einstieg in den Beruf ermöglichen. (Foto: Hinz-Rosin)

Stadtteilgremium setzt sich für mehr Berufsintegrationsklassen ein

Von Ellen Draxel, Neuaubing/Freiham

Berufsintegrationsklassen sind ein Erfolgsrezept. Jugendliche Flüchtlinge zwischen 16 und 25 Jahren werden in diesen besonderen Klassen, die es so nur in Bayern gibt, fit gemacht für eine Ausbildung. Der Unterricht besteht überwiegend aus den Fächern Deutsch, Mathematik und EDV. Die jungen Leute lernen aber auch viel über die Kultur und das Zusammenleben in Deutschland. Üblicherweise besuchen die Flüchtlinge zunächst ein Jahr lang eine Berufsintegrationsvorklasse und danach eine Berufsintegrationsklasse. Das zweite Jahr besteht zu 40 Prozent aus Praktika, zu 60 Prozent aus Unterricht.

Bislang allerdings fehlt es an ausreichend Plätzen. "Aus den Helferkreisen für die Menschen in den Gemeinschaftsunterkünften an der Mainaustraße und der Anton-Böck-Straße wurde uns zugetragen, dass jeweils etwa 30 Jugendliche und junge Erwachsene mangels Angebot nicht in den Genuss dieser Bildung kommen", sagt Dagmar Mosch. Auch Deutschkurse, moniert die Sprecherin der Grünenfraktion im Bezirksausschuss Aubing-Lochhausen-Langwied, stünden nur "in sehr bescheidenem Maße" zur Verfügung.

Wiltrud Richter, die sich an der Mainaustraße um die Sprachkurse kümmert, spricht gar von 63 Jugendlichen in Neuaubing, die in keine Berufsintegrationsklasse kämen. "Ab dem Tag, an dem die Schüler fünfzehneinhalb sind, müssen sie die Mittelschule verlassen und sind berufsschulpflichtig", ergänzt SPD-Sprecherin Brigitta Bacak. "Aber viele schaffen schon die Prüfungen nicht, weil sie die Fragen nicht verstehen." Es ist ein Dilemma: Die Jugendlichen könnten dann weder zur Schule gehen noch richtig die deutsche Sprache lernen. "So funktioniert Integration nicht", kritisiert Brigitta Bacak und fügt hinzu: "Das ist ein untragbarer Zustand". In diesem sensiblen Alter sollten Jugendliche nach Bacaks Überzeugung unterstützt werden und eine Zukunftsperspektive erhalten.

Rückendeckung erhalten Mosch und Bacak von ihrem Stadtteilgremium: Der Bezirksausschuss hat einen Antrag auf Erhöhung der Berufsintegrationsklassen an städtischen und staatlichen Berufsschulen sowie die Aufstockung der Deutschkurse für junge Flüchtlinge einstimmig befürwortet. Nun wollen die Lokalpolitiker auch den Stadtrat mit ins Boot holen.

Etwa 670 Berufsintegrationsklassen für rund 12 500 Schüler gibt es derzeit im Freistaat Bayern, zu Schuljahresbeginn waren es noch 440. Und das Kultusministerium will das Angebot nach den Worten eines Pressesprechers "sukzessive weiter ausbauen". In der Stadt München selbst besuchen etwa 1060 Flüchtlinge an zwölf städtischen Berufsschulen nach Behördenangaben diese speziellen Klassen.

Auch hier soll das Modell gestärkt werden: Das Referat für Bildung und Sport plant, kommende Woche im Bildungsausschuss eine Beschlussvorlage einzubringen, die für das Schuljahr 2016/17 einen Ausbau der Berufsintegrationsklassen vorsieht. Das Papier empfiehlt, die Anzahl der derzeit 53 Klassen quasi zu verdoppeln. "50 bis 60 Berufsintegrationsklassen sollen dazukommen", sagt Sprecherin Andrea Steiler.

© SZ vom 25.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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