Münchner Modepreis:Eine Stadt zeigt Stil

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Zum zweiten Mal vergibt München einen Auszeichnung für junge Designer, der mit 10 000 Euro dotiert ist. Der geht diesmal an Felix Richter - doch ausgerechnet er will Deutschland verlassen. Denn seine Heimatstadt sei "ein schwieriges Pflaster"

Von Valentina Finger

So viele stilvoll (und nicht bloß teuer) gekleidete Menschen an einem Ort sieht man in München nicht sehr oft. Da trägt ein Mann ein Brokathemd mit Jabot im Stil des vorrevolutionären Frankreichs und kombiniert Biker-Boots dazu. Ein Stehtisch weiter bekommt eine Frau ein Kompliment für ihren Fellmantel mit Leopardenprint. "Wenn etwas gut aussieht, darf man das auch aussprechen", sagt Barbara Vinken, ihr ist der modische Überwurf aufgefallen. Um genau das zu tun, um gelungene Mode-Entwürfe zu honorieren, ist die Literaturprofessorin und Autorin am vergangenen Freitag in den Festsaal des Alten Rathauses gekommen. Dort hat Bürgermeister Josef Schmid (CSU) im Zuge der Designwoche "Munich Creative Business Week" zum zweiten Mal den Münchner Modepreis verliehen. Ausgezeichnet wurde Felix Richter, 28, der seinen Abschluss an der Deutschen Meisterschule für Mode gemacht hat.

Die Abschlusskollektionen von neun Absolventen der Münchner Modeschulen hat eine Jury bewertet, die sich neben Barbara Vinken aus dem Aigner-Kreativdirektor Christian Beck, der Männermodemacherin Doris Hartwich, dem Designer-Duo Johnny Talbot und Adrian Runhof sowie Christiane Arp, Chefredakteurin der deutschen Vogue, zusammensetzt. Auf Konzeption kam es an, Materialität, Schnitt und Präsentation. In der Jury sei man sich sehr schnell einig gewesen, sagt Vinken: "Wenn die Leute vom Fach einer Meinung sind, spricht das dafür, dass es in der Mode letztlich vielleicht nicht ausformulierte, aber doch geteilte Kriterien gibt."

Erfüllt hat die Anforderungen in diesem Jahr Felix Richter. Die Sieger-Kollektion heißt "Return to the Clinic" und changiert zwischen den Formexperimenten von Yohji Yamamoto und dem Sport-Schick von Alexander Wang. Eine reinweiße Oversize-Polarjacke, Layering-Looks und ein sandfarbener Mantel mit dynamisch-geschwungenem Kragen gehören zu seiner Kollektion. "Mir ist es wichtig, mit Kontrasten zu arbeiten", sagt Richter. Die Sterilität einer Klinik, ein Sinnbild für die mitteleuropäische Gesellschaft, und das Raue der Wüste hat er als prototypisches Gegensatzpaar gewählt: Funktionale Elemente wie Taschen und Wärmespeicher treffen in seiner Männermode auf Streetstyle-Attitüde.

Eine in mancher Hinsicht nicht unähnliche Optik zieht sich auch durch die Entwürfe von Flurina Vögeli. Auch sie arbeitet mit Lagen aus erdfarbenen Materialien und toppt alles mit Ornamenten, die sie dem Körperschmuck afrikanischer Völker abgeschaut hat. Während in der Kollektion von Felice Gronstedt die Haut durch zarte Transparentstoffe schimmert, vereinen sich Bonbonfarben, Rüschen und Pailletten in den Designs von Anna Wiendl zu einer schrillen Rockstar-Mixtur.

Das Ziel des Modepreises ist es, junge Designer zu fördern, um aus München wieder die international angesehene Modemetropole von einst zu machen. Dass der Preis vor zwei Jahren eingeführt wurde, ist auch Ursula Grunert zu verdanken. Im Referat für Arbeit und Wirtschaft ist sie für die Kreativen zuständig und betreut Akteure aus dem Designbereich. Für manche ist sie die heimliche Initiatorin des Preises, der mitunter auf ihr Bemühen hin im Stadtrat genehmigt wurde. "Wenn eine Fachjury die Qualität unserer Jungdesigner bestätigt, gibt mir das Hoffnung, dass München wieder ein Begriff in der Mode werden kann", sagt Grunert.

Ob man, wie Moderatorin Karen Webb es getan hat, die tropische Blätterbühne, auf der die Models posierten, deshalb gleich mit Karl Lagerfelds Waldkulisse für die kürzlich in Paris abgehaltene Chanel-Schau vergleichen kann, sei dahingestellt. Damit der Vergleich aber vielleicht irgendwann nicht mehr hinkt, finden auch in diesem Jahr Evaluierungsrunden im Nachfeld des Modepreises statt. Dabei wollen alle Beteiligten gemeinsam überlegen, welche weiteren Maßnahmen sich umsetzen lassen. Ginge es nach Barbara Vinken, wäre ein Schritt klar: "Es müsste auch in der Lehre eine Internationalisierung geben, um unsere Institutionen aufzuwerten."

Dass dafür Geld investiert werden muss, um beispielsweise Größen der Mode-Branche als Dozenten zu gewinnen, ist ein Hindernis. Unmöglich ist es nicht: Der erste Platz des Modepreises ist immerhin mit 10 000 Euro dotiert. Außerdem wurden wieder ein Publikumspreis und erstmals zwei gleichwertige zweite Plätze vergeben. Felix Richter könnte sich vorstellen, sein Preisgeld in ein Accessoires-Sortiment zu stecken. Ob das allerdings in München geschieht, ist fraglich. "Ein schwieriges Pflaster", sagt er über seine Heimatstadt. Auch in anderen Städten Deutschlands sehe er nicht die Innovationskraft, die er für sich in der Mode sucht.

Man wolle diejenigen fördern, die heute die Münchner Schulen abschließen, weil sie es sein werden, die morgen in München Mode machen, hatte Josef Schmid vorab erklärt. Es ist nicht das beste Omen, wenn der Gewinner eines explizit mit München verknüpften Preises erwägt, dieser Stadt den Rücken zu kehren. Allerdings kann der

Mode-Ruf Münchens nicht nur davon profitieren, dass die Stadt selbst zum Design-Standort wird. Das Ansehen steigt auch, wenn Talente international Erfolg haben, die ihre Ausbildung und Prägung in München erfahren haben.

© SZ vom 12.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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