München:Weiter im Wirtschaftswunderland

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Airbus, Linde, MWS - im Kreis gehen Arbeitsplätze verloren, doch die Dynamik bleibt

Von Martin Mühlfenzl, München

Hunderte Arbeitnehmer im Landkreis werden die vergangenen Tage als eine Horrorwoche in Erinnerung behalten. In Ottobrunn und Taufkirchen haben viele Techniker, Ingenieure und Verwaltungsangestellte erfahren, dass ihre Dienste beim Luft- und Raumfahrtkonzern nicht länger gefragt sind. In Garching hat der Automobilzulieferer MWS Insolvenz angemeldet, 150 Arbeitsplätze sind allein dort bedroht. Zuvor hatten bereits der Industriegaskonzern Linde in Pullach und das Baierbrunner Kältetechnik-Unternehmen Kelvion angekündigt, Stellen abzubauen: Linde 600, Kelvion 200.

Gleichzeitig zum angekündigten Stellenabbau des Garchinger Unternehmens veröffentlicht das Jobcenter des Landkreises seine neuen Arbeitslosenzahlen. Die Quote ist im Vergleich zum Vormonat im November noch einmal um 0,1 Prozent zurückgegangen. Insgesamt 4607 Menschen sind arbeitslos gemeldet, 129 weniger als im Oktober. Das entspricht einer Arbeitslosenquote von 2,6 Prozent - ein Wert nahe der Vollbeschäftigung, sagt der Leiter des Jobcenters, Bernhard Sexl. Vor allem hoch qualifizierte Arbeitnehmer müssten kaum längere Zeit auf Angebote warten. Das Jobcenter erwartet daher hinsichtlich der Ausstellungen bei Linde und Airbus keine größeren Auswirkungen.

Zwar gibt es auch im Kreis keine Garantien, binnen kürzester Zeit in den Wunsch-Job zu wechseln. Doch eine Statistik macht deutlich, welch herausragende Dynamik hier herrscht: Ende 2007 gab es in den 29 Kommunen des Kreises nahezu 169 000 sozialversicherungspflichtige Jobs; im März 2016 waren es bereits mehr als 215 000 - Tendenz weiter steigend. Allein in Unterföhring, der Mediengemeinde, arbeiten 18 000 Beschäftigte, bei gerade einmal 11 000 Einwohnern.

Die Vitalität des Wirtschaftsstandorts verändert aber auch das Arbeitsleben an sich. Das wird beim Luft- und Raumfahrtunternehmen Airbus deutlich. Der Konzern versichert, dass der Standort Ottobrunn erhalten bleiben wird: als Forschungszentrum und Produktionsstandort in der Raumfahrt. Doch es wird eine spürbare Reduzierung der Belegschaft und künftig eine hohe Fluktuation geben.

Ein Leben als Entwickler in der Aerodynamik von der Ausbildung bis zur Rente werde es in dieser Form nicht mehr geben.

"Die Insolvenz von MWS in Garching hat mit der Krise der Automobilindustrie zu tun", sagt Simone Burger, Geschäftsführerin und Vorsitzende des DGB-Kreisverbands München. "Geht es einem so relevanten Bereich schlecht oder machen große Konzerne Fehler, kann es selbst Firmen bei uns treffen." Selbst im Wirtschaftswunderland.

© SZ vom 03.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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