München:Mehr Arbeit auf der Straße

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Streetworker (links im Bild) sind zum Beispiel auch beim nächtlichen Feiern auf dem Gärtnerplatz unterwegs. (Foto: Florian Peljak)

Das Stadtjugendamt will die Stellen für Streetworker in den Vierteln aufstocken. Gefordert werden aber auch zusätzliche Räumlichkeiten, die Anschaffung eines Busses und mehr Geld für Aktivitäten

Von Ellen Draxel, München

Das Stadtjugendamt will das stadtteilorientierte Streetwork-Angebot für junge Menschen im Alter zwischen 14 und 27 Jahren verbessern. Statt der bislang 24 Vollzeitstellen sollen es künftig 29 sein. Von dieser Erhöhung würden mehrere Viertel profitieren. Gefordert werden außerdem zusätzliche Räumlichkeiten, die Anschaffung eines neuen Streetwork-Busses und mehr Geld für Aktivitäten der Streetworker mit ihren Schützlingen.

Die Aufstockung ist aus Sicht des Sozialreferats dringend nötig. Zum einen, weil die jugendliche Bevölkerung in München in den vergangenen zwölf Jahren um rund 192 000 auf 245 000 gewachsen ist. Derzeit kann sich ein Sozialarbeiter rein rechnerisch lediglich um 10 000 Kinder und Jugendliche kümmern. Zum Vergleich: In Hamburg sind es weniger als 6000. Zum anderen müssen immer neue Wohngebiete mitversorgt werden.

Die Sozialarbeiter erhalten aber auch neue Betätigungsfelder. Klassische Streetwork wendet sich an Jugendliche und junge Erwachsene, die bereits als auffällig, sozial benachteiligt oder kriminalisiert gelten und vorhandene Freizeit- und Hilfsangebote freiwillig - oder weil sie ausgegrenzt werden - meiden. Die Sozialarbeiter betreuen sie in Parks, Fußgängerzonen oder sonstigen öffentlichen Plätzen.

Inzwischen kümmern sich die Streetworker aber parallel auch um junge Flüchtlinge. Sie arbeiten dort präventiv, "um sozialen Konflikten im Wohnumfeld vorzubeugen und den jungen Flüchtlingen Hilfestellung anzubieten", wie es im Beschlussentwurf heißt, der Mitte September dem Kinder- und Jugendhilfeausschuss des Stadtrats vorgelegt werden soll.

Verstärkt werden sollen Streetwork-Einsätze daher in den Vierteln Milbertshofen und Schwabing-Freimann, die nicht nur Neubaugebiete wie die Nordhaide, die Parkstadt Schwabing und die Funkkaserne haben, sondern auch mehrere große Flüchtlingsunterkünfte wie die Bayern- und die Funkkaserne. Eine zusätzliche Dreiviertel-Stelle ist dieser Region zugedacht - ebenso wie dem Standort Pasing, zu dem die Stadtbezirke Pasing-Obermenzing, Aubing-Lochhausen-Langwied und Allach-Untermenzing gehören. Die Region Pasing ist flächenmäßig so groß, dass beispielsweise das Westkreuz aus Personalmangel derzeit gar nicht bedient werden kann. Und auch dort gibt es zahlreiche Unterkünfte mit jungen Flüchtlingen, an der Landsberger Straße etwa.

Eine ganze Streetworker-Stelle will das Stadtjugendamt dem Münchner Osten mit Berg am Laim, Trudering-Riem, Ramersdorf-Perlach und Obergiesing-Fasangarten zukommen lassen. Die Sozialarbeiter engagieren sich momentan vorwiegend in den Stadtteilen Neuperlach und Messestadt-Riem - mit der Folge, dass für Berg am Laim und das Gebiet Am Moosfeld Kapazitäten rar sind.

Für Sendling und Sendling-Westpark sowie die Stadtbezirke 19 (Thalkirchen-Obersendling-Forstenried-Fürstenried-Solln) und Hadern sieht die Planung insgesamt eineinhalb Stellen vor, verantwortet durch einen freien Träger. In Sendling und Sendling Westpark gibt es noch überhaupt keine Streetworker, die anderen Viertel werden "nur in Notfällen" begangen. Dabei, so das Stadtjugendamt, wären Angebote an dieser Ecke "dringend notwendig": Plätze wie der Haderner Stern, der Schweizer Platz und die Gegend um die Königswieser Straße in Fürstenried-West seien "Treffpunkte für Jugendliche und Heranwachsende, die dabei Risikomerkmale wie auffälliges oder delinquentes Verhalten" zeigten. Auch die Suchtberatungsstelle Condrobs soll für die Bezirke Altstadt-Lehel, Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt und die Maxvorstadt eine zusätzliche Streetworker-Stelle erhalten - explizit für Jugendliche, die nicht suchtgefährdet sind. Und für junge, meist unbegleitete Flüchtlinge, die sich rund um den Hauptbahnhof treffen.

Neun feste Anlaufstellen hat Streetwork in München: Wer unbürokratisch Hilfe sucht, ist dort an der richtigen Stelle. Außerdem gibt es einen Bus, der Regionen mit besonderem Handlungsbedarf anfährt. Doch ebenso wie beim Personal hinken auch die Räumlichkeiten dem Bedarf inzwischen hinterher. Das Stadtjugendamt fordert deshalb drei "zusätzliche, dringend notwendige Außenstellen": im Osten in der Messestadt Riem im Gebäude der städtischen Wohnungsbaugesellschaft Gewofag, im Westen im Gebiet Westkreuz/Neuaubing/Freiham und im Süden eine Anlaufstelle für die Stadtbezirke Sendling, Sendling-Westpark, den Stadtbezirk 19 und Hadern. Angeschafft werden müsse zudem noch in diesem Jahr ein neuer Bus - der alte, 2006 von Münchner Verkehrsgesellschaft gespendete sei "aufgrund technischer Mängel nicht mehr einsetzbar".

Der Bezirksausschuss Aubing-Lochhausen-Langwied, der die Verbesserung der Streetwork-Angebote im Münchner Westen vor einem halben Jahr beantragt hatte, begrüßt die Pläne des Stadtjugendamts ausdrücklich, hält aber anstatt einer zusätzlichen Dreiviertel-Personalstelle "mindestens eine ganze oder mehr" für erforderlich. Gründe seien die zu erwartende umfangreiche Unterbringung von jüngeren Flüchtlingen in Freiham, Alt-Aubing, Lochhausen und am Westkreuz sowie der starke Zuwachs an Jugendlichen am Westkreuz und in Neuaubing.

© SZ vom 07.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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