München:Lust und Laster

Lesezeit: 2 min

Die Modedesignerin Monica Liebetanz vermittelt in St. Rupert Spiritualität durch Kunst. Interaktiv.

Von Andrea Schlaier

Sie gelten als Versuchungen des Körpers und des Geistes, und wer des Lateinischen nicht mächtig ist, der könnte sich tatsächlich vom edlen Klang ihrer Namen in die Irre führen lassen: Superbia, Avaritia, Luxuria, Ira, Gula, Invidia, Acedia. Doch der Sound trügt. Denn hier stehen die sieben Todsünden Spalier, als da wären Hochmut, Habgier, Wollust, Zorn, Völlerei, Neid und Trägheit. Ein Lasterkatalog, der noch heute nach der Zeit klingt, aus der er stammt, der der frühen christlichen Kirche. Papst Gregor I. (um 540 bis 604) soll die Liste einst formuliert haben. Das Register hat seither Künstler sämtlicher Genres inspiriert. Das gilt aktuell auch für die Münchner Modedesignerin Monica Liebetanz. Sie hat das vermeintliche Kondensat menschlicher Schwächen eingekleidet - in Roben schlichter Anmut. Besucher sollen sich damit am Sonntag, 15. April, um 18 Uhr in der katholischen Pfarrkirche St. Rupert am Gollierplatz 1 auseinandersetzen. Als urbane Alternative zur klassischen Gottesdienst-Liturgie.

Anmutige Todsünde: In schlichtes Gewand hüllt Modedesignerin Monica Liebetanz die „Trägheit“ in ihrem Programm „Sündenlust – Sündenfrust“ in der St. Rupert-Kirche. (Foto: Erol Gurian (oh))

Unübersehbar werden Hochmut, Trägheit und Kollegen von 1,30 auf 2,60 Meter großen Aufnahmen vor dem Altar hängen. Fotograf Erol Gurian, wie Monica Liebetanz fester Bestandteil der Künstler-Szene im Westend, hat sie in berührender Haltung in Szene gesetzt. Nirgendwo ist zu erkennen, wer wer ist. "Ich habe die Kostüme aus Baumwoll-Batist ganz schlicht gemacht, fast japanisch und androgyn runtergefahren." Liebetanz setzt auf den puren Ausdruck. "Die Gesichter sind metallisch geschminkt, die Mimik ist überzeichnet." Die archetypischen Erscheinungen des menschlichen Charakters geraten letztlich raumfüllend durch Andreas Götz an der Orgel und Axel Nitz am Saxofon. Sie schaffen - auch andächtige - Sphäre. Bevor's unruhig wird. Liebetanz lässt die Besucher in Schutzanzüge schlüpfen, beschrieben mit positiven Begriffen. So gewandet sollen sie eine Sünde mittels Neonband einfangen, relativieren. Im Grunde das Prinzip der mittelalterlichen Theologie, in der den Hauptlastern Kardinaltugenden gegenübergestellt werden. Liebetanz will so zeigen, wie ein Netzwerk der Befindlichkeiten, Deutungen wächst. Und trägt. Todsünden könnten im heutigen Kontext zu Glück oder Wohlbefinden geraten. Also tauft sie ihr Projekt "Sündenlust - Sündenfrust".

Es ist das der dritte Abend der Veranstaltungsreihe "Art of Rupert" der Erzdiözese München und Freising in St. Rupert. Das ausgegebene Ziel ist, Spiritualität durch Kunst zu vermitteln. Interaktiv. Angesprochen, sagt Andrea-Elisabeth Lutz von der Erzdiözese, seien Menschen, die eine niedere Schwelle suchten zu einer Kirche, zu Wahrheiten, zu Erkenntnissen, und auch Dinge denken wollten, die mit Glaube, Liebe, Leben, Leid oder Sterben zu tun haben. Monica Liebetanz gibt für ihr Programm gleichzeitig Entwarnung: "Es soll keine todernste Sache werden; die Leute sollen auch Spaß haben."

Den Schlusspunkt bei "Art of Rupert" setzt am Sonntag, 29. April, um 18 Uhr das Hörspiel von Burchard Dabinnus "Ein ganz normales Verbrechen". Der Eintritt ist immer frei.

© SZ vom 13.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: