München:Lernen bei offenen Fenstern

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Auf der Brachfläche zwischen der Straße Am Hüllgraben und der Joseph-Wild-Straße soll der Bildungscampus entstehen. (Foto: Florian Peljak)

Die Grünen in der Messestadt fordern die Sperrung der Joseph-Wild-Straße für den Autoverkehr, sobald der neue Bildungscampus mit Gymnasium, Realschule und VHS nördlich dieser Trasse gebaut ist

Heftige Diskussion, klare Entscheidung: Am Ende waren es nur die Grünen selbst, die im Bezirksausschuss Trudering-Riem für ihren Antrag stimmten, die Joseph-Wild-Straße für den motorisierten Individualverkehr zu sperren, sobald der neue Bildungscampus mit Gymnasium, Realschule und VHS nördlich dieser Trasse fertig ist. Das Argument von Sprecher Herbert Danner: Im Zuge des Schulneubaus werde südlich vom Bauplatz eine neue Verbindung zwischen den Straßen Am Mitterfeld und Hüllgraben geschaffen, bisher mit dem Arbeitstitel "Planstraße" versehen. Dies ergebe dann eine leistungsfähige Alternative.

Beim Weg zwischen Wohngebiet Messestadt und Kirchtrudering entstünde so zwar ein kleiner Umweg, räumte Danner ein, doch dieser sei zumutbar und werde von den vielen Vorteilen aufgewogen. Sinnvoll sei eine Sperrung für die etwa 2500 Schüler, deren Sicherheit für ihn oberste Priorität genieße. Fast alle kämen aus der Messestadt oder vom dortigen U-Bahnhof, müssten also auf dem Schulweg die Joseph-Wild-Straße überqueren. Das würde morgens zu Chaos führen, wenn keiner die Autos aussperre. Tagsüber könnten die Schüler ohne den Verkehr "entspannt bei offenem Fenster lernen", so der Grüne weiter.

Auch finanziell wäre dies für die Stadt ein Vorteil, denn der Plan für den Campus enthalte eine Unterführung zwischen dem Schulhof und den jenseits der Straße vorgesehenen Sportflächen - diese könnte man sich sparen. Vorteile sahen die Grünen aber auch für die Verkehrsführung rund um die Messestadt: Die Kreuzung Hüllgraben/Olof-Palme-Straße sei deutlich leistungsfähiger als der heute von Messebesuchern und Messestädtern meist genutzte Knoten Joseph-Wild-Straße/Olof-Palme-Straße. Und wer von Norden kommend schon mal auf dem Hüllgraben unterwegs sei, anstatt wie bisher auf der Joseph-Wild-Straße, der werde auf dem weiteren Weg Richtung Innenstadt die Route über den Schatzbogen wählen und so die Straße Am Mitterfeld und das Zentrum von Straßtrudering, das ohnehin verkehrsberuhigt umgebaut werden soll, spürbar entlasten: "Ein schöner Nebeneffekt", so Danner. Alles im allem gelte: "Geringer Umweg, großer Mehrwert."

"Richtiggehend erschrocken" von dem Antrag zeigte sich hingegen Stefan Ziegler (CSU): Einen fertigen Plan zu ändern, bedeute eine Zeitverzögerung von mindestens einem Jahr, prophezeite er. Danner wolle nur "vordergründig" Kinder schützen, in Wahrheit gehe es ihm doch um seine Ideologie von der Verteufelung des Autofahrens. Eine Sperrung der Joseph-Wild-Straße führe für die Messestädter aber zu weiteren Beschränkungen, sei daher geradezu "menschenverachtend", schäumte Ziegler. Es gelte dort ohnehin Tempo 30, ergänzte CSU-Sprecherin Magdalena Miehle. Und auch andere Schulen wie etwa das Truderinger Gymnasium lägen an verkehrsreichen Straßen: "Dort schaffen es die Kinder auch, zu ihrer Schule zu kommen."

"Das wäre ein Schildbürgerstreich", erklärte auch Gerhard Fuchs für die SPD. Nicht ohne Grund hätten sich die Messestädter die allgemeine Befahrbarkeit der zuerst nur für Busse, Taxen und Rettungsfahrzeuge vorgesehenen Joseph-Wild-Straße erkämpft, erinnerte Fuchs. Diese werde durch die neue Planstraße entlastet, und das sei insgesamt "genial gelungen". Ähnlich argumentierte Julia Hentschel (Freie Wähler): Wenn der Weg über die Planstraße so prima sei wie Danner meine, werde er sich ohnehin durchsetzen, da könne man den Autofahrern auch die Wahl lassen. Danner verteidigte den Antrag der Grünen und wies vor allem die Vokabel "menschenverachtend" zurück - doch der Dissens blieb.

Für die Schule im "Technologiepark" muss der Flächennutzungsplan geändert werden, ehe der Bauplan im Rahmen des bisherigen Zeitplans, der eine Fertigstellung 2020 anstrebt, genehmigt werden kann. Einig war sich der Bezirksausschuss hierfür darüber, dass die Schule mehr Radlstellplätze als geplant und möglichst auch mehr Freiflächen brauche, denn sie werde mehr Schüler haben als gedacht: Zum einen soll die geplante Realschule von fünf auf sechs Züge erweitert werden, zum anderen lässt auch die Rückkehr zum G 9 die Schülerzahl am Gymnasium wachsen. Tausend Radlständer müssten es schon sein, statt der vorgesehenen 670, fordert das Gremium.

© SZ vom 12.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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