München:Hindernis-Tour

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Die Stadt ist noch längst nicht barrierefrei. Vor allem an U-Bahn-Stationen wird es schwierig

Von Stefan Mühleisen, München

Für Menschen mit körperlichen Einschränkungen hält die Stadt so einige Hindernisse bereit: seitlich abfallende Bürgersteige, bucklige Pflasterbeläge. Ein Ausflug kann für Rollstuhlfahrer zur Frust-Tour werden, angesichts kaputter Aufzüge oder Abgänge ohne Handlauf. Der Behindertenbeirat der Stadt und das Münchner Forum haben jetzt auf die großen Lücken aufmerksam gemacht, die in der behindertengerechten Gestaltung der Stadt immer noch klaffen. "München ist noch nicht barrierefrei", schreibt Oswald Utz, Behindertenbeauftragter der Landeshauptstadt, im aktuellen Standpunkte-Magazin des Münchner Forums.

Der Diskussionsverein für Stadtentwicklungsfragen hat eine Reihe von Handicaps im Stadtraum zusammengetragen, die es gelte, für Menschen mit Behinderung aus der Welt zu schaffen. Im Fokus steht dabei vor allem der öffentliche Nahverkehr. "Es wird Zeit, alle U-Bahn-Stationen auf den heutigen Stand zu bringen", fordert Brigitte Neumann-Latour vom Beraterkreis Barrierefreies Planen und Bauen beim städtischen Sozialreferat in einem Aufsatz in dem Heft.

Sie rügt etwa den breiten Spalt zwischen U-Bahn-Zügen und Bahnsteig sowie bis zu 13 Zentimeter hohe Niveau-Unterschiede an Haltestellen, die Rollstuhlfahrer und Gehbehinderte kaum überwinden könnten. "Bei vier U-Bahn-Stationen fehlt sogar ein Aufzug." Sie erinnert zudem daran, dass Rollstuhlfahrer und Menschen, die auf Rollatoren angewiesen sind, die Rolltreppen nicht benutzen dürften. Doch die als Alternative angelegten Rampen seien mit zwölf Prozent Neigung viel zu steil. "Selbst fitte Rollstuhlfahrer ringen nach Luft, wenn sie oben angekommen sind", schreibt Neumann-Latour.

Nach ihren Worten sind bei einer Klausur mit der Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) bereits die wichtigsten Probleme diskutiert worden. Als Leitziel habe man vereinbart, dass für jede Behindertengruppe spezielle Maßnahmen notwendig seien. Als konkrete Forderungen formuliert das Münchner Forum, für blinde und sehbehinderte Menschen das Leitsystem auf öffentlichen Wegen auszubauen. Zudem soll das Informationssystem - etwa die Fahrtzielanzeige an Haltestellen - verbessert werden.

Indes räumt Neumann-Latour ein, "dass in München schon viele Barrieren abgebaut wurden". Trotzdem, so ihr Fazit, "gilt es noch immer, dicke Bretter zu bohren". Auch der Behindertenbeauftragte und Grünen-Stadtrat Utz hat lobende Worte: Politik und Stadtverwaltung setzten sich immer häufiger für die Verbesserung der Lebenssituation von Menschen mit Behinderung ein. Er hebt aber hervor, dass seine Sprechstunde "stark nachgefragt" werde. Er bekommt da zu hören, dass viele Münchner mit Behinderung benachteiligt würden, etwa bei der Wohnungs- und Arbeitssuche. Manche, so berichtet Utz, wollten auch nur wissen, "wo sie in der Innenstadt einen barrierefreien Parkplatz finden".

© SZ vom 04.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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