München:Ende einer Irrfahrt

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Büchlein, wechsle dich! In etlichen Münchner Stadtvierteln gibt es bereits offene Bücherschränke, in denen man die Plexiglasscheiben einfach zur Seite schiebt und nach neuem (alten) Lesefutter greifen kann. (Foto: Robert Haas)

Nach jahrelanger Standortsuche eröffnet Ende Juli ein offener Bücherschrank auf dem Rudi-Hierl-Platz. Beschwerden einer Buchhändlerin gegen die Buchtauschbörse hatten das Projekt in der Maxvorstadt verzögert

Von Johannes Korsche

Maxvorstadt - Die Maxvorstadt bekommt einen offenen Bücherschrank. Christian Krimpmann (CSU), Vorsitzender des Bezirksausschusses (BA), freut sich, dass die "jahrelange Irrfahrt" auf der Suche nach einem geeigneten Standort im Viertel ein Ende hat. Anders als beim bekanntesten Irrfahrer Odysseus dauerte das Umherirren zwar nicht zehn Jahre. Außerdem hießen die Stationen auch nicht Zauberin Kirke - ein Jahr lang ließ sich Odysseus von ihr sprichwörtlich bezirzen - oder Nymphe Kalypso, auf deren Insel es der "Heimkehrer" ganze sieben Jahre lang aushielt, sondern Georg-Elser- und Josephsplatz. Am Ende steht aber bei beiden Geschichten eine langersehnte Ankunft. Der offene Bücherschrank soll am Samstag, 28. Juli, von 11 Uhr an auf dem Rudi-Hierl-Platz mit einer kleinen Feier eingeweiht werden.

Dass es so lange dauerte, bis ein Platz für den Bücherschrank gefunden war, lag nicht etwa daran, dass ihn keiner wollte. Im Gegenteil, betont Krimpmann. Schließlich kommen die gläsernen Tauschbörsen, wo immer sie auch in der Stadt stehen, sehr gut an. Vielmehr fand man einfach keinen Standort. Erst hatte man den Josephsplatz im Blick, doch daraufhin beschwerte sich eine Buchhändlerin. Sie befürchtete Geschäftseinbussen, wenn nicht weit entfernt von ihrem Laden ein Bücherschrank den Lesestoff auch gratis beziehungsweise im Tausch gegen eigene alte Bücher liefert. Und der Bücherschrank soll ja "das Viertel bereichern" und nicht den Buchhändlern die Kundschaft abspenstig machen, sagt Krimpmann. Auch die zweite Idee, den Schrank auf den Georg-Elser-Platz an der Türkenstraße zu stellen, scheiterte dann aber ebenso, vor allem aus Platzgründen.

Die BA-Mitglieder hatten da ihre Suche langsam "schon aufgegeben", erinnert sich Krimpmann. Doch Andreas Bieberbach, Vorstandsmitglied im SPD-Ortsverein Maxvorstadt und Rechtsextremismus-Beauftragter des BA, ließ sich nicht entmutigen und gründete schon mal den notwendigen Trägerverein. "Bücherschränke sind ein ganz, ganz sinnvolles Konzept, um Menschen Bücher wieder näherzubringen", sagt Bieberbach. Vor allem in Zeiten, in denen das Internet für viele einen bequemeren Zugang zu Unterhaltung und Information bieten mag, sei das wichtig.

Eines Tages trug Andreas Bieberbach wohl ein günstiger Wind die Idee ins Ohr, es einmal mit dem Rudi-Hierl-Platz, jenem dreieckig zulaufendem Platz an der Dachauer Straße, zu probieren. "Ein großartiger Platz", da man im BA das Eck ohnehin beleben wolle, sagt auch Krimpmann. Die nötigen Genehmigungen waren dann flott beinander, die Finanzierung stand, da der BA das Projekt mit knapp 10 000 Euro unterstützte. Bei der Eröffnung am Samstag, 28. Juli, liest der Schauspieler Roland Astor aus Hilmar Hoffmanns "Kultur für Alle" - passend zur Idee der offenen Bücherschränke, findet Bieberbach. Außerdem begleitet ein Musik-Duo die kleine Feier. Anschließend bestücken die Besucher den Schrank mit eigenen Büchern. Krimpmann will "ein paar Werke zur Maxvorstadt" mitbringen. Und vielleicht findet sich ja jemand, der Homers "Odyssee" ins Regal stellt.

Wer Bücherpate werden oder den Bücherschrank-Verein unterstützen will, erreicht Andreas Bieberbach per Mail an buechermax3@gmx.de.

© SZ vom 17.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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