Mitten in Ramersdorf:Blättern statt wischen

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Es gibt noch Menschen, die einen Taschenkalender aus Papier benutzen. Ein Tag pro Seite  lässt ausreichend Raum für Notizen. Da lässt sich gleich von Anfang an Struktur ins Jahr bringen

Kolumne von Renate Winkler-Schlang

Jüngere Leute lächeln dazu nur müde, aber es gibt sie noch, die Menschen, die ihre Termine nicht elektronisch im Smartphone festhalten, sondern sie ganz altmodisch in einen Taschenkalender aus Papier notieren. Darin könne man blättern statt zu wischen, führen sie ins Feld. Schon die Wahl des Kalenderformats sagt einiges über seinen Besitzer aus: Mancher bevorzugt die schlanke, ausfaltbare Variante. Der ganze Monat auf einer Seite, pro Tag eine schmale Zeile. Hier schreibt man in gestochen scharfer Minischrift und am besten nur mit Bleistift die wirklich einmaligen Termine hinein - mehr geht nicht. Es gibt auch noch die Variante mit einer Woche auf einer Seite: Das verschafft Überblick, rein theoretisch merkt derjenige schneller, wenn schon der vierte Abend in einer Woche belegt ist und kann das Date für den Freitag vielleicht wieder canceln.

Ein Tag pro Seite hingegen lässt ausreichend Raum für Notizen. Und der Kalender für 2018 ist noch verheißungsvoll leer. Da lässt sich endlich mal gleich von Anfang an Struktur ins Jahr bringen. Gut, dass der Kalender von 2017 noch nicht im Müll gelandet ist, also lassen sich die Geburtstage aller Lieben ins neue Büchlein übertragen. Es folgen die fixen Termine für den Stammtisch des Lieblingsvereins und das Kaffeekränzchen der Mütter, die man seit den Kindergartenzeiten der inzwischen erwachsenen Kinder kennt.

Verkehrt wär es auch nicht, vorsorglich auf der Homepage des Amts für Abfallwirtschaft die Termine für die Leerung von Biotonne, Rest- und Papiermüll zu besorgen. Wann ist in diesem Jahr in Ramersdorf der Hofflohmarkt, im Tierpark das Ostereiersuchen, in der Au die Dult? Wer tritt wann im Stadtteil-Kulturzentrum auf, welche Ausstellung bietet das Kunstfoyer im Herbst? Wann beginnt der Jahresurlaub, kommen die Nichten zum Wiesnbesuch? Klassentreffen, Jahreshauptversammlung, Vorsorgeuntersuchung beim Zahnarzt, Hochzeitstag, Bürgerversammlung, Feuerwerk, Bücherschau, Weihnachtsmarkt. Hilfe! Wollten wir nicht dieses Jahr endlich Zeit frei lassen für spontane Entschlüsse? Zum Beispiel jenen, ganz entspannt zu lernen, wie das funktioniert mit dem Kalender im Smartphone.

© SZ vom 23.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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