Milbertshofen/Schwabing:Gefährdetes Gebiet

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Die Stadtverwaltung rät dringend dazu, die Erhaltungssatzung Milbertshofen zu verlängern - und auszuweiten. Beidseits des Petuelrings wird die Bevölkerung als "besonders stark von Verdrängungsprozessen bedroht" eingestuft

Von Stefan Mühleisen, Milbertshofen/Schwabing

Ein bewährter Schutzschirm für die Wohnbevölkerung in Milbertshofen bleibt wohl weiter aufgespannt - und er könnte sogar erweitert werden: Das Planungsreferat kommt nach einer umfangreichen Prüfung zu dem Schluss, dass die Erhaltungssatzung Milbertshofen um weitere fünf Jahre verlängert werden soll. Zudem schlägt die Behörde ein zusätzliches Gebiet vor, dessen Bewohner künftig ebenfalls mit diesem wohnungspolitischen Instrument vor Verdrängung geschützt würden. Stimmt die Vollversammlung des Stadtrats zu, gelten für 28 500 Milbertshofer weiter besondere Mieterschutzklauseln, und an die 1600 weitere Bewohner könnten sich darauf berufen.

Die Behörde folgt einem Vorstoß des Bezirksausschusses Milbertshofen-Am Hart. Auf Initiative der örtlichen CSU hatte das Gremium im Mai gefordert, die Erhaltungssatzung Milbertshofen zu verlängern und auszuweiten. Die Geltungsdauer des Regelwerks für das Gebiet endet am 31. Oktober 2016. Die BA-Mitglieder wollten indes in der Feriensitzung keine Entscheidung über den neuen Entwurf der Satzung fällen, erst im September soll darüber im Plenum beraten werden, hieß es. Erhaltungssatzungen sollen Mietern in ausgewählten Bereichen der Stadt günstigen Wohnraum sichern. Der Stadtrat hat bisher für 20 Gebiete in teils begehrten Lagen Schutzregelungen erlassen. Luxussanierungen sind dort untersagt; Mietwohnungen dürfen nur mit Genehmigung in Eigentumswohnungen umgewandelt werden; Investoren müssen Mieterschutzregeln akzeptieren. Zudem kann die Stadt ein Vorkaufsrecht ausüben. Derzeit profitieren gemäß einer Behördenvorlage 239 000 Münchner in rund 135 000 Wohnungen von den Satzungen. Diese werden immer nur befristet erlassen, da das Aufwertungs- und Verdrängungspotenzial der betreffenden Gebiete regelmäßig neu überprüft werden muss.

Die bestehende Satzung für Milbertshofen ist zweigeteilt: Nördlich des Petuelrings umfasst sie den Bereich Riesenfeldstraße, Frankfurter Ring, Oberhofer Platz und Christoph-von-Gluck-Platz. Der südliche Teil erstreckt sich entlang des Mittleren Rings zwischen Belgradstraße und Wilhelm-Hertz-Straße; administrativ zählt dieses Segment zu den Stadtbezirken Schwabing-West und Schwabing-Freimann. Die Verwaltung hat nun drei Gebäudeblöcke mit insgesamt 900 Wohnungen am nordöstlichen Rand lokalisiert, die ins Satzungsgebiet mit aufgenommen werden sollen: Wie aus dem Entwurf für den Stadtratsbeschluss hervorgeht, schließt der Bereich nördlich am Oberhofer Platz an das bisherige Satzungsgebiet an und zieht sich bis zum Christoph-von-Gluck-Platz.

Für die Entscheidung, ob eine Erhaltungssatzung weiter gelten soll, werten städtische Mitarbeiter eine Menge Daten aus, die eine Prognose erlauben, wie das Aufwertungs- und Modernisierungspotenzial eines Gebiets einzuschätzen ist. Daraus lässt sich ableiten, ob Bewohner fürchten müssen, dass ihre Häuser von Investoren luxussaniert werden - und dann die Mieten kräftig steigen. Für das Satzungsgebiet Milbertshofen stellt das Planungsreferat fest: Das traditionelle Arbeiterviertel sei "als besonders stark von Verdrängungsprozessen gefährdet einzustufen". Der Anteil von Menschen mit niedrigen Einkommen liege mit 28,3 Prozent weit über dem städtischen Mittel (16,5 Prozent). Zudem gebe es dort mehr Wohngeldempfänger und Alleinerziehende als im städtischen Durchschnitt. Im Gegenzug sieht die Behörde ein "leicht überdurchschnittliches Aufwertungspotenzial" im Vergleich zur Gesamtstadt. Die Rede ist von "steigender Attraktivität des Gebiets", vor allem durch Bauvorhaben im Umfeld, etwa Wohnungsbauprojekte in der Domagk- und Leopoldstraße. Das Fazit, welches auch als Appell an die Stadträte gelesen werden kann: "Bei eintretenden Verdrängungsprozessen in größerem Umfang ist mit negativen städtebaulichen Folgen zu rechnen."

Dieser Auffassung ist auch der Mieterbeirat der Landeshauptstadt. Dieses Gremium, das sich aus Vertretern der Bezirksausschüsse zusammensetzt, appelliert jetzt an die Stadt, die Mieterschutz-Satzung zu verlängern. Das berichtet Roland Kerschhackl, Mitglied des Beirats und für die CSU im Bezirksausschuss Milbertshofen-Am Hart, in einer Pressemitteilung. "Die Wohnsituation hat sich für Menschen in Milbertshofen in den letzten fünf Jahren nicht entspannt. Wesentliche Teile der ortsansässigen Bevölkerung brauchen weiterhin den Schutz", sagt Kerschhackl.

© SZ vom 25.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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