Medizin:Chefarzt verlässt Harlachinger Kinderklinik

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Im Klinikum Harlaching gab es in den vergangenen Jahren viel Streit, unter anderem über die Behandlung von Frühchen. (Foto: Stephan Rumpf)

Walter Mihatsch gibt für die Trennung persönliche Gründe an. 2013 hatten ihm Pflegekräfte fragwürdige Behandlungsmethoden bei Frühchen vorgeworfen.

Von Dominik Hutter, München

Das städtische Klinikum und Chefarzt Walter Mihatsch gehen getrennte Wege. Der Leiter des Harlachinger Kinderkrankenhauses verlässt das Unternehmen zum 1. August - "aus persönlichen Gründen und im gegenseitigen Einvernehmen", wie Kliniksprecher Raphael Diecke betont.

Kommissarischer Nachfolger des Mediziners wird Stefan Burdach, der Direktor der Schwabinger Kinderklinik, mit dem die Harlachinger künftig enger zusammenarbeiten sollen. Burdach übernimmt die Aufgabe zusätzlich und nur vorübergehend, Mihatschs Posten soll später nachbesetzt werden.

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Geschäftsführer Axel Fischer lobt in einem Statement die hervorragende Arbeit des Mediziners und äußert sein Bedauern über den Weggang des Kollegen. Allerdings lief die Trennung nicht so harmonisch ab, wie es zunächst scheint. Im Klinikum ist von einem schwierigen Umfeld auf der Station die Rede und von unterschiedlichen Auffassungen über die Zukunft des Krankenhauses.

Die Harlachinger Kinderklinik hat turbulente Jahre hinter sich. Wie alle Abteilungen des kommunalen Krankenhauses steht sie aufgrund der wirtschaftlich schwierigen Situation vor großen Veränderungen. Das Sanierungskonzept sieht vor, zahlreiche Stationen enger zu vernetzen oder gar zusammenzuschließen.

Die Verzahnung mit Schwabing weckt Befürchtungen

Das Kinderklinikum Harlaching soll zwar erhalten bleiben und sogar einen Neubau bekommen. Die geplante Verzahnung mit den Schwabinger Abteilungen bedeutet in den Augen vieler Betroffener einen unerwünschten Verlust an Eigenständigkeit. Was ja auch das erklärte Ziel der Aktion ist - das Sanierungskonzept sieht ausdrücklich eine engere Kooperation der Abteilungen im Interesse des großen Ganzen vor.

Im Sommer 2013 standen der Chefarzt und die Harlachinger Frühchen-Intensivstation im Visier der Staatsanwaltschaft - nach einem beispiellosen Eklat. Damals hatten 20 der 25 Pflegekräfte dem Chefarzt in einem Brandbrief fragwürdige Behandlungsmethoden vorgeworfen, die in einigen Fällen sogar den Tod von Frühchen zur Folge gehabt hätten.

Das Schreiben, das an die damaligen Klinikchefs und den Stadtrat gerichtet war, veranlasste die Geschäftsführung zur Flucht nach vorn. Die Anschuldigungen der Beschäftigten wurden öffentlich gemacht, externe Gutachter beauftragt. Die Untersuchungen entlasteten den Chefarzt, die Vorwürfe seien haltlos.

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Der Schaden für den Ruf von Klinik und Chefarzt war trotzdem groß, das ohnehin schon angespannte Betriebsklima verschlechterte sich weiter. Auch die Gutachter hatten der Intensivstation K 9 Kommunikationsdefizite und Meinungsverschiedenheit attestiert - dies sei aber nicht strafrechtlich relevant. Die Querelen eskalierten schließlich so sehr, dass die Station nur noch eingeschränkt arbeiten konnte.

An einem Augusttag des Jahres 2013 meldete sich eine komplette Frühschicht der Pflege-Belegschaft krank, das Klinikum musste Mitarbeiter aus anderen Abteilungen einsetzen und Frühgeborene auf andere Stationen verlegen. Wegen der Rufschädigung wurde sechs Pflegern gekündigt, 14 wurden abgemahnt. Die Kündigungen wurden später vom Arbeitsgericht für unwirksam erklärt.

© SZ vom 23.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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