Manipulierter Hauptverteiler an der LMU:Verdacht auf Sabotage

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Studieren auf der Baustelle: Im Uni-Gebäude in der Oettingenstraße (hier ein Bild von Dezember 2012) gibt es seit drei Jahren erhebliche Behinderungen. (Foto: Jakob Berr)

Im Uni-Gebäude an der Oettingenstraße raucht Ende Februar plötzlich ein Drucker. Die Situation war gefährlich - theoretisch hätte sich jemand einen Stromschlag holen können. Bei der Fehlersuche stellt sich heraus, dass der Hauptverteiler vorsätzlich manipuliert wurde. Nun ermittelt die Kriminalpolizei.

Von Sebastian Krass

Das Uni-Gebäude an der Oettingenstraße, das seit drei Jahren renoviert wird, ist inzwischen auch ein Fall für die Kriminalpolizei. Nachdem es im vergangenen Jahr bereits Aufregung um Asbest und den Vorwurf des mangelnden Brandschutzes während der Bauarbeiten gegeben hatte, ermitteln nun Beamte wegen eines dubiosen Vorfalls. Es geht um den Verdacht auf Sabotage und Herbeiführung einer Brandgefahr.

Als am Morgen des 28. Februar der Hausverwalter des Gebäudes, in dem verschiedene Institute der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) sitzen, PC und Drucker einschaltete, habe es einen "leichten Knall" gegeben, zudem habe der Drucker "geringfügig " geraucht, wie die Uni-Verwaltung erklärt.

Die im Haus beschäftigten Elektriker hatten zuvor bereits ein Flackern der Flurbeleuchtung gemerkt. Bei der Fehlersuche stellten die Elektriker fest, dass am Hauptverteiler für den Gebäudeteil D zwei Leiter mit Kartonagen vom Stromnetz getrennt worden waren. Dadurch entstand eine Überspannung, die Sicherung war deaktiviert. Es bestand die Gefahr, dass ein eingeschaltetes elektrisches Gerät in Brand gerät, theoretisch hätte sich ein Mensch einen Stromschlag holen können. Der herbeigeholte Technikchef der LMU entschied, die Polizei einzuschalten.

"Es besteht kein Zweifel, dass die Manipulation vorsätzlich vorgenommen wurde und dass sie eine Gefahr für Menschen bedeutete", sagt ein Polizeisprecher. "Technische Defekte an elektrischen Geräten sind die Hauptursache für Brände." Was hinter der Manipulation steckt, sei bisher unbekannt. Es gebe keinen Tatverdacht. Auch die LMU-Verantwortlichen rätseln, wer dahinter stecken könnte.

Die Aktion erfordere Fachwissen und sei nicht ungefährlich, heißt es. Wenn tatsächlich jemand einen Brand wollte, dann hätte es wohl einfachere Wege gegeben. Dass die Elektriker selbst dahinterstecken könnten, hält man in der Uni für unwahrscheinlich. "Es gibt keinen Grund für so etwas, und das würde auch kein Elektriker machen", heißt es aus der Verwaltung. Tags zuvor seien der Hausverwalter und Techniker im Gebäude unterwegs gewesen und hätten nichts Ungewöhnliches bemerkt, erklärt die Uni. Dass die Manipulation und damit die Gefahr da schon bestanden hätte, ist aus LMU-Sicht nahezu auszuschließen. Dann wäre schon früher ein Gerät durchgeschmort - oder gar Schlimmeres passiert.

"Erhebliche Gefahr für die Nutzer"

Seltsam ist auch ein anderer Umstand: Der Hauptverteiler, so schreibt die Uni, sei nur per Schlüssel zu öffnen. Am fraglichen Morgen sei er verschlossen gewesen sei, es habe keine Aufbruchsspuren gegeben. Und: "Es gab in den Tagen auch keine Bauarbeiten, die diesen Verteiler einbezogen hätten."

Bei den Mitarbeitern, die von dem Vorfall mitbekommen haben, hat sich das Unbehagen verstärkt, dass sie mit dem Gebäude verbinden - auch wenn derzeit kein direkter Zusammenhang zu den Bauarbeiten zu erkennen ist, die seit längerem für Unruhe sorgen. Ende Oktober etwa ging eine Mail herum, dass zwei Treppenhäuser gesperrt werden müssten, um asbesthaltige Baustoffe zu entfernen. Betroffen waren die Gebäudeteile E und auch D, wo jetzt der Stromvorfall geschah. Gesundheitsgefahr habe nicht bestanden, erklärte die LMU. Eine Aussage, die bei Nutzern des Gebäudes in Zweifel gezogen wird.

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Im Dezember fällte die Branddirektion ein vernichtendes Urteil über den Ablauf der Bauarbeiten. Es habe brandschutzrechtliche Mängel gegeben, "die teils eine erhebliche Gefahr für die Nutzer des Gebäudes bedeutet haben". Die Mängel hätten bei einem privaten Bauherren Sanktionen gerechtfertigt - was bei staatlichen Bauherren nicht möglich sei. LMU und Staatliches Bauamt widersprachen: Die Mängel, die es gegeben habe, seien "nicht gravierend gewesen und umgehend behoben worden". Ein Eindruck, den viele regelmäßige Nutzer des Gebäudes nicht teilten.

In dem Gebäude sind unter anderem die Institute für Politologie, Kommunikationswissenschaft und Informatik untergebracht. Die Arbeiten, bei denen unter anderem die komplette Elektro- und Computerverkabelung erneuert wird, finden bei laufendem Betrieb statt und haben zu erheblichen Belästigungen, teils zu gesundheitlichen Problemen bei Mitarbeitern geführt. Bis Ende Mai sollen laut LMU alle Arbeiten, "die den Betrieb beeinträchtigen", beendet sein.

© SZ vom 05.04.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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