Bauarbeiten an der LMU:Gefährliche Löcher

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Studieren geht über renovieren: Bei den Bauarbeiten im Uni-Gebäude an der Oettingenstraße 67 gab es brandschutzrechtliche Mängel - die LMU widerspricht

Von Sebastian Krass

Seit bald drei Jahren arbeiten und studieren die Menschen im Uni-Gebäude an der Oettingenstraße 67 auf einer Baustelle: Nun hat die Branddirektion München scharfe Kritik am Ablauf der Bauarbeiten geübt. "Da gab es brandschutzrechtliche Mängel, die teils eine erhebliche Gefahr für die Nutzer des Gebäudes bedeutet haben", sagte Ewald Penzenstadler, Leitender Branddirektor im Kreisverwaltungsreferat, der Süddeutschen Zeitung. "Man muss sich fragen, was die am Bau Beteiligten für ein Verantwortungsbewusstsein haben." Während der gesamten Bauzeit läuft in dem Haus der normale Betrieb der dort untergebrachten Institute der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) weiter, darunter unter anderem die Politologie, die Kommunikationswissenschaft, die Ethnologie die Informatik und ein Teil der Physik. Während des Semesters sind oft mehr als 1000 Menschen gleichzeitig im Gebäude.

Bei den Brandschutzmängeln, die man während einer Begehung Ende November vorgefunden habe und die schon vorher ausführlich im Internet dokumentiert wurden, hätte das Gebäude eigentlich nicht benutzt werden dürfen, sagte Penzenstadler. Bei einem privaten Betreiber hätten die Mängel "auch Sanktionen gerechtfertigt", das sei bei einem staatlichen Betreiber wie in diesem Falle aber nicht möglich.

Hauptkritikpunkt waren Öffnungen in brandschutzrelevanten Wänden, durch die sich im Fall eines Feuers der lebensgefährliche Rauch im übrigen Gebäude ausbreiten könnte. Die Löcher in den Mauern sind notwendig, weil die gesamte Elektro- und Computerverkabelung in dem 1951 fertig gestellten Gebäude ausgetauscht wird, das einst Heimat von Radio Free Europe war und seit 1995 von der LMU genutzt wird. Allerdings hätten diese Löcher während Arbeitsunterbrechungen mit speziellen Brandschutzkissen verstopft werden müssen. Das geschah laut Penzenstadler erstmals, nachdem die Branddirektion das bemängelt hatte. Auch die Cafeteria wurde erst nach Intervention der Branddirektion mit einer Brandschutztür versehen.

Zuvor hatte der Informatik-Professor Francois Bry über Wochen hinweg in seinem Blog auf mögliche Versäumnisse beim Brandschutz hingewiesen und dies auch mit Fotos dokumentiert. So waren Rettungswege mit Baumaterialien verstellt. Brandschutztüren, die im Notfall schließen sollen, wurden dauerhaft mit Keilen oder Feuerlöschern aufgehalten. Die Beschilderung von Notausgängen war verwirrend und oft nicht vorhanden. Es sind Angaben, die andere Mitarbeiter des Gebäudes bestätigten. "Der Brandschutz hier interessiert keine Sau", beschreibt einer, der täglich im Gebäude arbeitet, seine Eindrücke aus den vergangenen Jahren. Und auch Brandschützer Penzenstadler sagt, Brys Beschreibungen seien großteils korrekt gewesen. "Die Baustelle wurde betrieben, als wenn das Gebäude leer gewesen wäre."

Das Staatliche Bauamt München 2 und die Bau-Abteilung der LMU, die für den Ablauf der Bauarbeiten verantwortlich sind, weisen die Vorwürfe zurück. Die bei der Begehung mit der Branddirektion festgestellten Mängel seien "nicht gravierend gewesen und anschließend umgehend behoben worden", heißt es in einer gemeinsamen Erklärung. Außerdem habe man in allen von Bauarbeiten betroffenen Fluren "eine mobile Brandfrüherkennung installiert". Dass es "trotz regelmäßiger Ermahnungen" bei den Bauarbeiten "zu einzelnen Verstößen gegen Anweisungen kommt, ist mit letzter Sicherheit nicht völlig auszuschließen", geben die Bauherren zu. In ihrem Fazit schreiben sie aber: "Eine eingeschränkte Sicherheit im Gebäude hat es durch die Baumaßnahme nicht gegeben."

Überdies betonen die Bauherren, die Bauarbeiten hätten den Zweck, den Brandschutz auf modernen Stand zu bringen. "Aber auch während der Bauphase müssen alle Beteiligten sicherstellen, dass der Brandschutz gewährleistet ist", sagt Brandschützer Penzenstadler. Und das sei offenbar nicht systematisch geschehen. Er gesteht zu, dass bei bestimmten Arbeiten kurzzeitige Mängel nicht zu vermeiden seien. "Die müssen besonders aufmerksam begleitet werden. Und ansonsten muss man Sorgfalt walten lassen."

Durch die hergestellte Öffentlichkeit, so der Eindruck vieler Menschen im Gebäude, hat sich inzwischen einiges gebessert. Francois Bry begleitet die Bauarbeiten nach wie vor aufmerksam. Vor wenigen Tagen stellte er ein Bild online, das eine von außen mit einer Holzlatte versperrte Tür zeigt, auf der zwei Schilder prangen: einmal Notausgang und ein Hinweis "Tür defekt". Zugleich erwähnte er lobend, dass die Feuerwehrzufahrt nicht mehr dauernd zugeparkt sei, sondern ein Lastwagen am Straßenrand gegenüber stehe.

Das Thema wird die Menschen im Gebäude auch weiter beschäftigen. Denn das avisierte Ziel, die gröbsten Arbeiten Ende 2012 abzuschließen, ist nicht mehr zu halten. Nun rechnet das Bauamt mit Ende Februar 2013, die endgültige Fertigstellung ist für Mai nächsten Jahres geplant.

© SZ vom 10.12.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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