Aufgestellt wird der Maibaum auf dem Luise-Kiesselbach-Platz erst in einem Monat. Politisch wirft er aber schon jetzt, im Vorfrühling, lange Schatten bis hinüber ins Sozialbürgerhaus an der Meindlstraße, wo der Bezirksausschuss (BA 7) tagt. Bereits im Februar hatte der BA leidenschaftlich über Eigenleistung und Bezuschussung des Maibaumvereins debattiert, aber auch über die Motive der Zunfttafeln. Diese sollten nämlich nicht nur traditionelles Handwerk zeigen, sondern die Stadtgesellschaft in ihrer ganzen Vielfalt. An der Diversität hapert es möglicherweise, wie ein kleiner Nachtarock im Anschluss an die jüngste Sitzung zeigte.
Wie Grünen- und SPD-Vertreter monierten, erwiesen sich die vorliegenden Taferl-Entwürfe nicht nur zahlenmäßig als männlich dominiert, sie spiegelten zudem ein überkommenes Geschlechterbild wider: Auf 13 männliche Viertelbewohner kommen nur sechs Frauen, und das auch noch in devoter Pose. Hans Dusolt (Grüne) nahm zum Beispiel Anstoß an der Darstellung einer Krankenschwester, die dem - natürlich männlichen - Chefarzt in geradezu "demütig dienender Position" begegne. Kritik erntete auch der Entwurf einer Kellnerin beim Bedienen des Biergartenbesuchers, was wiederum Otto Seidl (CSU), BA- und Stadtratsmitglied sowie Vorsitzender des Maibaumvereins, in Wallung brachte. "Ja soll denn der Gast der Kellnerin das Bier bringen?", fragte Seidl in fassungsloser Erregung, die ihn sogleich der gegenüber sitzenden SPD-Fraktion den Vogel zeigen ließ. Mit deren erwartbar empörter Reaktion war dann der vorläufige Höhepunkt des Stangerlstreits erreicht. Immerhin keimte am Rande die Hoffnung auf, dass nun selbst brauchtumspflegerisch mäßig interessierte Bewohner des Viertels den Kopf in den Nacken legen könnten, um sich die großzügig bezuschussten Maibaumtaferl genauer anzuschauen.