Ludwigsvorstadt:Krach um die Partyzone

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Zur Wiesnzeit tobt im Smart Stay bis frühmorgens der Bär. Im Nachbarhaus ist dann nicht mehr an Schlaf zu denken. (Foto: Lukas Barth)

Seit Jahren streiten sich eine Hausbesitzerin und ein Hotelchef in der Nähe des Goetheplatzes wegen der After-Wiesn-Veranstaltungen. Diesmal saß die Lokalbaukommission der Stadt auf der Anklagebank

Von Birgit Lotze, Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt

Die Mozartstraße ist eine der Hauptverbindungen zwischen Goetheplatz und Theresienwiese - jeder Münchner weiß, wie es dort zugeht zur Wiesnzeit: Hunderttausende Besucher strömen täglich durch die Straße, viele davon noch nach 23 Uhr. Dass anliegende Restaurants und Hotels aus den vielen Passanten und ihrem Bierdurst Profit schlagen möchten, ist nachvollziehbar. Nach Ansicht einer Hausbesitzerin schlägt allerdings der Geschäftsführer des Hostels "Smart Stay" nahe des Goetheplatzes dabei weit über die Stränge. Die Hausbesitzerin versucht seit Jahren, dem Hotelchef die Party zu verderben. Bislang war sie vor Gericht zwar erfolgreich, in der Praxis finden die Partys allerdings weiterhin statt.

Diesmal saßen sich die beiden vor der achten Kammer des Bayerischen Verwaltungsgerichts gegenüber. Beklagter war in diesem Fall nicht der Hotel-Geschäftsführer, sondern die Lokalbaukommission (LBK) der Stadt München, die nach Ansicht der Klägerin eine Baugenehmigung erteilt haben soll, die dem Hotelbetreiber erst ermöglicht, Partys im großen Stil zu feiern.

Dabei ging es vor allem um eine mobile Glaswand im Erdgeschoss. Sie trennt das Café und die Lobby voneinander, kann aber problemlos entfernt werden, so dass eine große Partyzone entsteht. Zwar enthält die Genehmigung der Lokalbaukommission die Auflage, das Café nur zu betreiben, wenn die faltbare Wand geschlossen ist, doch zu Partyzeiten sei sie offen, so die Klägerin. Die faltbare Glastrennwand sei eine "Einladung zum Missbrauch", formulierte der Anwalt der Klägerin, Stefan Rau-Bredow. In dem Hostel fänden seit Eröffnung des Cafés vor fünf Jahren jedes Jahr After-Wiesn-Partys statt - von 23 Uhr an, wenn die Zelte zumachen, bis in die frühen Morgenstunden. Bis vor fünf Jahren waren die Partymöglichkeiten so nicht gegeben: Damals war das Café noch kein Café, sondern der hoteleigene Frühstücksraum - ohne Konzession für Barbetrieb und abgegrenzt zur Lobby durch eine feststehende Wand.

Der Hotelier sagte, er brauche die bewegliche Wand, um das Foyer zu erweitern, wenn viele Gäste auf einmal eincheckten. Für den Lärm sei nicht die Party in seinem 300-Betten-Hotel verantwortlich, zur Oktoberfestzeit sei schließlich in der Gegend bis frühmorgens viel los. Es gebe drei weitere "Läden" ganz in der Nähe, die auch zur Wiesnzeit nachts feierten, sogar mit DJ und bei geöffnetem Fenster. Die Vorsitzende Richterin Marion Pauli-Gerz schloss sich allerdings der Ansicht der Klägerin an: "Das muss strenger sein", ermahnte sie die Vertreter der LBK angesichts der Formulierungen in der Baugenehmigung. "Der Raum darf wirklich nur als Foyer genutzt werden."

Die Richterin bemängelte auch, dass in der Lobby ein Lautsprecher eingebaut war, der die Musik aus dem Café überträgt. Die Berechnungen eines Lärmgutachters, den der Hotelier beauftragt hatte, bezeichnete sie als "nicht nachvollziehbar". Der Gutachter berief sich auf Pegel, die allgemein als "Erfahrungswerte" für Cafés gelten und berechnete daraus die Belastung für den zweiten Stock des Nachbarhauses. Für den ersten Stock hatte er keine Zahlen parat. Doch die hätte die Richterin gerne gesehen. Sie vermutete, dass der erste Stock dem Lärm stärker ausgesetzt ist.

Klar wurde bei einer Ortsbegehung darüber hinaus, dass mehrere Auflagen in der Baugenehmigung, die bereits Ende 2013 erteilt wurde, gar nicht erfüllt wurden. Die geforderte Schallschutzverglasung fehlte. Die Richter schauten sich auch vergebens nach einem Notausgang um. "Was wir heute gesehen haben, entspricht nicht dem genehmigten Zustand auf dem Papier", gab dann auch der Jurist der Lokalbaukommission zu. Richterin Pauli-Gerz sah wieder Anlass, die städtische Behörde zu rügen. Die Stadt sei gehalten, die Auflagen auch sicherzustellen. "Die Baugenehmigung ist vom 11. 12. 1913 - und Sie haben noch nicht nachgeprüft."

Wie die Stadt die Nachlässigkeiten korrigieren muss, ist noch offen. Die Richterin gab letztendlich der Klägerin Recht, die Begründung steht noch aus. "Das passt hier alles nicht zusammen und das Gutachten ist auch problematisch", sagte sie im Gehen. "Machen wir es kurz und quälen wir uns nicht weiter."

Besonders häufig finden Veranstaltungen wie After-Wiesn-Partys oder Band Contests im Smart Stay offenbar nicht statt. Doch wenn die Party abgeht, dann wohl ausgelassen. In einer Reportage von RTL Explosiv ist von "dem wohl verrücktesten Wiesnhostel der Stadt" die Rede, vom "berüchtigtsten Hostel Münchens" und der "Partyhochburg" mit Alkoholexzessen und einem "Brech- und Bruchaufschlag von 50 Euro pro Gast". Um solche Exzesse ging es im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht allerdings nicht.

© SZ vom 26.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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