Lokale in München:Kaum Raum für Wirte

Lesezeit: 4 min

Manche Wirte brauchen Ein Jahr, um in München die perfekten Räumlichkeiten für ein Lokal zu finden. Denn auch die Stimmung muss passen. (Foto: Felix Hörhager/dpa)

Absurde Mietpreise und anstrengende Nachbarn: Wer in München ein Restaurant oder eine Bar eröffnen will, hat es nicht leicht. Manche Wirte suchen mehr als ein Jahr nach passenden Räumlichkeiten. Probleme gibt es nicht zuletzt mit den Brauereien.

Von Christina Maria Berr

Verzweifelt sucht Gerti Guhl nach einer neuen Bleibe. Ende Juni muss die 66 Jahre alte Wirtin mit ihrer Kneipe, der Fraunhofer Schoppenstube, aus ihren bisherigen Räumlichkeiten ausziehen. Seit einem Jahr ist das bekannt - und genauso lange bemüht sie sich nun mit Unterstützung von Prominenten wie dem Regisseur Marcus Rosenmüller und Oberbürgermeister Christian Ude um eine geeignete Alternative.

Doch das gestaltet sich als schwierig. Denn wer in der Innenstadt ein Lokal mieten will, hat es nicht leicht. Besonders dann, wenn man etwas mit Freischankfläche oder mit der Möglichkeit für besonders lange Öffnungszeiten sucht. Das mussten viele Münchner Wirte auf der Suche nach geeigneten Räumen erfahren.

Ständig Ärger mit den Nachbarn

Auch Stefan Gabányi weiß, wie schwierig sich die Suche nach der richtigen Kneipe gestaltet. Nach 23 Jahren als Barmann im Schumann's wollte er etwas Eigenes eröffnen. "Ich habe fast ein Jahr lang gesucht", sagt der Wirt, der heute die Bar Gabányi am Beethovenplatz betreibt. "Im Grunde wollte ich von Anfang das Lokal, in dem ich jetzt bin." Doch zunächst war es nicht klar, ob er die Räume auch bekommen würde. In der Zwischenzeit habe er sich viel angesehen. Doch was ihm angeboten wurde, waren, wie er sagt, "alles Lokale, die auch sonst keiner haben will".

Im Gärtnerplatzviertel, wo Gerti Guhl sich nun umsieht, habe er ebenfalls gesucht. "Aber da will jeder hin und deswegen sind die Mieten absurd hoch", erzählt Gabányi. Für eine Bar, die seiner jetzigen entspricht, würde er dort das Dreifache zahlen. Zudem habe man in diesem Viertel ständig Ärger mit den Nachbarn.

Persönliche Kontakte helfen

Ein weiterer Grund, sich nicht unbedingt im Szenegebiet niederzulassen: "Natürlich liegt meine Bar nicht auf der normalen Nachtlebenspur", sagt Gabányi. "Aber ich wollte etwas, wo die Gäste bewusst hingehen." Bekommen hat er die Bar letztlich, weil er den Vorbesitzer, den Schauspieler Andreas Lechner, schon kannte. Lechner war Stammgast im Schumann's.

Oft sind es persönliche Kontakte, über die Wirte zu ihren Räumen kommen. So war es zum Beispiel auch bei Barbara und Shane McMahon, den Betreibern von Shane's Restaurant in der Isarvorstadt. Mehr als ein Jahr haben die Restaurantmanagerin und der in Irland aufgewachsene Koch, der unter anderem im Tantris und im Königshof gearbeitet hat, nach einem geeigneten Lokal gesucht. "Wir wollten eine Lokalität in Zentrumsnähe, einen angenehmen Vermieter, eine Terrasse - und bezahlbar sollte das Ganze sein", sagt Barbara McMahon. "Es war schwierig, etwas Ordentliches zu finden."

Barbara und Shane McMahon von Shane's Restaurant. (Foto: oh) (Foto: N/A)

Dabei hatte das Wirte-Paar ohnehin einen Zwischenschritt eingelegt und 2006 zunächst mit Shane's Kitchen in der Maxvorstadt eine Eventgastronomie mit Kochkursen und geschlossenen Gesellschaften eröffnet. "Das war insofern einfacher, weil wir eine ganz normale Gewerbefläche buchen konnten", erzählt die 39-jährige Restaurantchefin. "Zudem hatten wir nur Personalkosten, wenn wir auch Buchungen hatten."

Diese Küche war es auch, die ihnen zu ihrem heutigen Restaurant im Derag Livinghotel Prinzessin Elisabeth verhalf. Die Verantwortlichen der Immobiliengesellschaft, zu der das Hotel gehört, waren bei einer Veranstaltung in Shane's Kitchen. Als der Vorgänger, Sternekoch Holger Stromberg, dann rauswollte, gingen sie auf die McMahons zu.

"Niemals brauereigebunden, das macht dich kaputt"

Auch Anja und Thomas Schachtner, die Betreiber des Mittagslokals "Adel 12" in der Adelgundenstraße bekamen ihr Lokal letztlich über einen persönlichen Kontakt. "Wir hatten uns zuvor viel Schrott angeguckt", erzählt Anja Schachtner. Darunter seien auch Angebote von Maklern, die Gastronomieobjekte vermitteln, gewesen. "Aber vieles davon ist total unrealistisch - mit absurden Forderungen."

Anja und Thomas Schachtner - betreiben das *Adel 12* in der Adelgundenstraße 12. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Hohe Mieten, enorme Ablösesummen, Maklergebühren. "Wir haben uns oft gewundert, wie das funktionieren kann." Daran, so meint die 44 Jahre alte Gastronomin, liege es, dass viele in der Branche sich übernehmen würden. Die beiden gaben nicht auf: Nach einer einjährigen Suche hatte sie ein Freund und Fleischlieferant angesprochen, dass das Restaurant frei wird - ohne Maklerprovision, mit einer fairen Ablösesumme und, auch das war beiden wichtig, ohne sich an eine Brauerei zu binden.

"Niemals brauereigebunden, das macht dich kaputt", meint Schachtner. Auch Gabányi weiß: "Brauereiverträge sind manchmal ein bisschen haarig." Man bekomme zwar günstige Kredite, aber die würden eben mit dem Bierpreis verrechnet. Gleiches gilt, wenn etwa zudem eine neue Einrichtung gestellt wird. Doch wer über eine Brauerei pachtet, hat wiederum zu Beginn weniger Kosten. "Oft sind die Lokale ja von uns eingerichtet", sagt Johannes Jenne, Verkaufsdirektor von Paulaner und Hacker Pschorr. "Und die Brauereien verlangen dann keine Ablöse." Und die berüchtigte Abnahmemenge für Bier? "Pachthöhe und Bierabnahmemenge richten sich nach Lage, Größe und Konzept der jeweiligen Gaststätte", sagt Jenne.

"Alles dufte"

Von den 200 Objekten, die die Paulaner-Brauerei-Gruppe in München verpachtet, würden etwa drei bis fünf pro Monat frei werden, schätzt Jenne. Diese werden dann im Internet und über einen allgemein zugänglichen Newsletter veröffentlicht. Daraufhin kann sich, wer will, bewerben. "Bei uns hat jeder, also auch ein Quereinsteiger, eine Chance", sagt Jenne. Bei den großen und prominenten Lokalen gibt es allerdings eine Ausschreibung mit Vorgaben.

Grundsätzlich ist es gar nicht so leicht, an ein Lokal zu kommen, das nicht brauereigebunden ist: "Die Brauereien haben die Hand auf den meisten Lokalen", sagt Gabányi. Oftmals bekämen dann Restaurant- oder Kneipenbetreiber, die bereits erfolgreich sind, weitere Objekte angeboten. Auch Schachtner meint: "Top-Gastronomen werden bei wichtigen Lokalen als erstes gefragt." Und auch sonst geht es wohl vor allem über Empfehlungen. Auch wenn es ohne Brauerei wohl ein bisschen länger dauert: Bei McMahons, Schachtners und Gabányi hat sich die lange Suche gelohnt: "Es läuft super!", heißt es aus Shane's Restaurant, "Alles dufte!", meint Schachtner vom Adel 12 und auch Gabányi sagt: "Bis jetzt, alles in Butter."

© SZ vom 03.06.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: