LMU:Die Angst der angehenden Psychologen

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Die Ludwig-Maximilians-Universität führt im Herbst einen Master-Studiengang ein - doch die Plätze reichen bei weitem nicht. Deshalb gibt es nun Proteste.

Sebastian Krass

Für diesen Dienstag haben sich die Leute von der Fachschaft eine satirische Protestaktion ausgedacht. Sie wollen mit ihren Kommilitonen "Die Reise nach Bologna" spielen. Möglichst viele angehende Psychologen sollen um 54 Stühle herumlaufen und immer, wenn die Musik ausgeht, versuchen, einen Platz zu ergattern. Wenn alle Bachelor-Studenten kommen, die in diesem Semester fertig werden, wird das ein Hauen und Stechen.

Die Zahl 54 hat einen hohen Symbolwert und sorgt derzeit für viel Unruhe unter den Psychologen der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München. 54 Plätze soll es nach derzeitigem Stand geben, wenn dieses Institut im Wintersemester die zweite Stufe der sogenannten Bologna-Reform betritt, sprich nach dem Bachelor- nun auch ein Masterstudium anbietet. Das, sagt die Studierendenvertreterin Esther Dammer, sei viel zu wenig.

Denn es gibt 140 Bachelor-Studenten pro Jahr, und "unter denen geht die Angst vor der Arbeitslosigkeit um", sagt Dammer. Denn für die Therapeutenausbildung, die viele Psychologen anstreben, reicht der Bachelor-Abschluss nicht. Die Psychotherapeutenkammern bestehen auf dem Master als Voraussetzung für die drei- bis fünfjährige Ausbildung, die sich ans Studium anschließt.

Erschwerend kommt hinzu, dass der Master nicht nur LMU-Bachelors, sondern Bewerbern aus ganz Deutschland und dem Ausland offen steht. Wie sehr die Verhältnisse sich ändern, zeigt der Vergleich mit dem auslaufenden Diplom-Studiengang. Wer es da hineingeschafft hat und das Studium abschließt, dem stehen alle Wege offen. Gut 100 Diplom-Absolventen hat die LMU im Jahr.

"Ich verstehe die Ängste der Bachelorstudenten", sagt Felix Brodbeck, Leiter des Psychologie-Instituts. Aber es ist ihm auch wichtig darauf hinzuweisen, dass die bisherigen Planungen vorläufig seien. "Ich klemme mich auf jeden Fall dahinter, dass es mehr Masterplätze werden. Und die Studenten tun es auch." Die endgültigen Zahlen legen die LMU und das Wissenschaftsministerium bis Juli fest. Man wolle keine Tendenz nennen, da noch keine Entscheidung gefallen sei, erklärt das Ministerium.

In gewisser Hinsicht sind die Psychologen Opfer der Bologna-Reform. In der Theorie ist der Bachelor ein berufsqualifizierender Abschluss, womit der Bedarf an Masterplätzen sinken würde. Doch in der Berufswelt sind die Vorbehalte gegen den Bachelor oft noch groß - in der Psychologie sind diese Vorbehalte von grundsätzlicher Bedeutung. "Ich denke, dass jeder qualifizierte Bachelor-Absolvent die Chance haben sollte, ein Master-Studium aufzunehmen, ob mit oder ohne berufspraktische Unterbrechung", sagt Brodbeck.

Man müsse ja auch bedenken, dass die Studenten bereits für einen Bachelor-Studienplatz stark selektiert werden, "mit einer Abiturnote, die eine 1 vor dem Komma und meistens weniger als eine 5 nach dem Komma haben muss. Eine weitere Einschränkung der Weiterbildungschancen für diese hochqualifizierten Talente erscheint mir unvernünftig." Doch genau darauf läuft es hinaus. Das Ministerium erklärt, es sei "wünschenswert, wenn die Ausbildung zum Psychotherapeuten den neuen Studienstrukturen angepasst würde".

Doch für diese Arbeit "sind umfangreiche wissenschaftliche Kenntnisse erforderlich. Der Bachelor qualifiziert nicht zu einem akademisch-heilkundlichen Beruf", erklärt Nikolaus Melcop, Präsident der Psychotherapeutenkammer Bayern. Diese Ansicht teilt auch Studentenvertreterin Esther Dammer.

Nach einem Gespräch mit Melcop schrieb Gesundheitsminister Markus Söder (CSU) vor gut zwei Jahren dem Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch (FDP) einen Brief, der der SZ vorliegt. Darin zitiert Söder eine Studie der PTK, derzufolge "mindestens 400 Masterabsolventen jährlich ausgebildet werden müssen, damit die Versorgung der Bevölkerung mit (...)Psychotherapeuten auch langfristig gewährleistet ist".

© SZ vom 30.05.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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