Verkehr im Münchner Osten:Neue Diskussion über Autobahnparallele

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Der dichte Verkehr auf dem Autobahnring München-Ost beeinträchtigt die Anliegergemeinden in vielerlei Hinsicht. (Foto: Florian Peljak)

Die Gemeinden entlang der A 99 verbindet ein Problem: die Zunahme des Straßenverkehrs mit all seinen Folgen. Daher erfährt ein Projekt wieder Auftrieb - der Bau einer Autobahnparallele von Aschheim bis Putzbrunn.

Von Bernhard Lohr

Die einen stecken im Stau, die anderen ärgern sich über verstopfte Ortsstraßen, Lärm und Gestank. Der dichte Verkehr im Münchner Osten nervt viele und zwingt die Bürgermeister zum Handeln. Zumal eine weitere Zunahme erwartet wird. Seit einiger Zeit laufen Gespräche im Hintergrund. Ein gemeinsames Treffen mit Landrat Christoph Göbel (CSU) ist anberaumt. Dabei werden alte Pläne wieder aus den Schubladen geholt. So ist das interkommunale Projekt einer Autobahnparallele zur A 99, das vor einigen Jahren beerdigt wurde, wieder Thema. Auch steht die Idee im Raum, eine leistungsfähige Ost-West-Verbindung vom Landkreis Erding über den Landkreis Ebersberg bis in den Landkreis München zu schaffen.

Klicken Sie auf die Grafik, um das Bild zu vergrößern. Quelle: SZ-Grafik (Foto: N/A)

Gegen den drohenden Verkehrskollaps muss etwas getan werden

Die Prognosen sind eindeutig: Die Region München wird in den nächsten Jahren an Bevölkerung zulegen und vor allem im Osten der Landeshauptstadt entwickeln sich die Kommunen rasch. Neue Baugebiete entstehen in vielen Orten, es wird verdichtet und in die Höhe gebaut - sei es nun in Finsing, Pliening, Poing, Haar oder Kirchheim. Vor diesem Hintergrund wächst die Einsicht, dass etwas gegen den drohenden Verkehrskollaps getan werden muss - und zwar gemeinsam.

Der Traum von einer die Gemeinden Aschheim, Kirchheim, Feldkirchen, Haar, Grasbrunn und Putzbrunn entlastenden Autobahnparallele scheiterte vor Jahren an widerstreitenden Interessen und hohen Kosten. Dabei war das Projekt weit gediehen. Aschheim zog die Planung für seinen Abschnitt bis zum Ende durch und baute dann auch. Nun soll in einem neuen Anlauf versucht werden, den damals verpassten großen Wurf hinzubekommen. Es bringe nichts, wenn jede Gemeinde für sich Umfahrungen baue, die dann den Verkehr in die Nachbarkommune leiten, sagt Kirchheims Bürgermeister Maximilian Böltl (CSU). Probleme würden nur verlagert, nicht gelöst. Eine "großräumige Betrachtung" der Verkehrsströme sei gefragt.

Wenn der eine plant, ohne auf den anderen zu schauen

Ganz deutlich bekommt zurzeit Kirchheim vor Augen geführt, was passieren kann, wenn der eine plant, ohne auf die Belange des Nachbarn zu schauen. Die Nachbarkommune Pliening im Landkreis Ebersberg will eine Umfahrung bauen und hat mit ihren Absichten in Kirchheim Befürchtungen ausgelöst, es könnte über die dort mündende Umfahrung noch mehr Verkehr über die Staatsstraße 2082 in den Ort geführt werden.

Bürgermeister Maximilian Böltl und sein Kollege Roland Frick (beide CSU) sind sich mittlerweile einig darüber, dass das keine Lösung sein kann. Er habe Verständnis für die Kirchheimer Belange, sagt Frick und schlägt vor, in einem großen Wurf die Plieninger Umfahrung gleich als eine überörtliche Verbindungsstraße von der Flughafentangente Ost im Landkreis Erding bis zur Kreisstraße M 1 im Landkreis München zu führen. "Lasst uns mal vom Kirchturmdenken wegkommen", sagt der Plieninger Bürgermeister. Er hofft auf eine leistungsfähige Straßenverbindung, für deren Finanzierung der Freistaat in die Pflicht zu nehmen wäre. Frühestens 2021 oder 2025 könnte gebaut werden.

Wie das so ist im Münchner Osten: Eins hängt mit dem anderen zusammen. So dürfte die Idee, die Ost-West-Verbindung von Pliening an die Kreisstraße M 1 anzubinden, in Feldkirchen auf besonderes Interesse stoßen. Die alte Frage würde wieder aufgeworfen, wie die Messe München von Osten her über den bestehenden Kreisverkehr an der B 471 hinaus besser erschlossen werden kann. Zuletzt wurde dieses Straßenprojekt in Feldkirchen in Zusammenhang mit der Ansiedlung eines Ikea-Möbelmarkts diskutiert. Eine Mehrheit lehnte 2013 bei einem Bürgerentscheid mit dem Möbelmarktprojekt gleich auch diese Südumfahrung ab. Letztere wird freilich von großen Teilen in der Gemeinde als Entlastung gefordert.

Besondere Solidarität ist gefragt

Größte Hoffnungen auf weniger innerörtlichen Verkehr hingen bis vor einigen Jahren an der Autobahnparallele. Diese war von Aschheim bis Putzbrunn stets als kommunale Entlastungsstraße geplant und wurde von den Kommunen vorangetrieben. Haar hatte da eine Vorreiterrolle und hielt nach Aschheim noch am längsten an dem Projekt fest.

Nun wollen die Bürgermeister im Osten gemeinsam das Thema wiederbeleben, wobei sie sich eine stärkere Rolle des Landkreises wünschen. Der Ruf lautet, die Straße als Kreisstraße zu bauen. Feldkirchens Bürgermeister Werner van der Weck (SPD) sagt, es handle sich schließlich um eine "überregionale Verbindungsstraße von Norden nach Süden". Kirchheims Bürgermeister Böltl fordert, dass eine Region, die "einen Großteil der Verkehrslast trägt", auch besondere Solidarität verdiene. Der "gesamte Landkreis" sei hier gefordert, sagt Böltl - offenkundig mit Blick auf den Münchner Süden, der den Autobahnsüdring bis heute zu verhindern weiß.

In der Vergangenheit lehnte es der Landkreis ab, die Straßenbaulast für eine A 99-Parallele zu übernehmen. Landrat Göbel signalisiert nun zumindest Gesprächsbereitschaft. Die Bürgermeister im Osten, von Aschheim bis Grasbrunn, seien auf ihn zugekommen, bestätigt Göbel. Er sei "offen dafür", über das Straßenprojekt zu reden. Aus seiner Sicht müsse aber nach dem Bau einer Autobahnparallele versucht werden, die bestehende B 471 zu einer Kreisstraße zurückzustufen. Nur dann könne diese zurückgebaut und eine echte Entlastung für die Ortschaften geschaffen werden. Wie weit der Landkreis beim Bau der neuen Straße mitmachen würde - dazu sagt der Landrat aber vorerst noch nichts.

© SZ vom 28.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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