Unterhaching:Unser Dorf darf hässlich werden

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Im alten Ortskern wie hier an der Hauptstraße würden die Gemeinderatsmitglieder den Charakter der Gemeinde gerne erhalten. (Foto: Angelika Bardehle)

Die Unterhachinger Gemeinderäte würden ein großes Wohngebäude mit Flachdach im alten Ortskern gerne verhindern. Doch sie haben keine Handhabe - weil ihre Vorgänger schon zu viel Wildwuchs zugelassen haben.

Von Iris Hilberth, Unterhaching

Sehr wahrscheinlich wird es irgendwann so kommen: Am Ortseingang von Unterhaching, dort wo die Tölzer Straße aus Richtung Taufkirchen eine scharfe Rechtskurve macht, wird ein großes Wohngebäude mit Flachdach das Areal dominieren. Wahrscheinlich werden dann viele Unterhachinger zu ihren Gemeinderatsmitglieder sagen: Wie konntet ihr das nur zulassen? An dieser Stelle, wo Unterhaching doch seinen dörflichen Charakter behalten sollte. Und dann werden die Kommunalpolitiker zähneknirschend antworten: Wir wollten das ja verhindern. Aber wir konnten nicht.

Für das so genannte Dorfgebiet der Gemeinde rund um die Hauptstraße und Tölzer Straße gibt es zwar einen Bebauungsplan. Doch der stammt von 1965 und wurde laut Verwaltung in den Jahren danach schlichtweg "nicht so umgesetzt". Vielmehr sei deutlich von den Vorgaben abgewichen worden, und der Plan damit funktionslos. 1998 hatte der damalige Gemeinderat noch einmal versucht, die Entwicklung zu steuern und eine städtebauliche Rahmenplanung für den alten Ortskern beschlossen. Die Grundstücke, um die es nun geht, wurden darin jedoch nicht aufgenommen. Damit steht dem nun geplanten Bau von 22 Wohneinheiten, einer Tiefgarage mit 38 Stellplätzen sowie vier oberirdischen Parkmöglichkeiten nach Ansicht des Landratsamts nicht entgegen. Auch wenn die Gemeinde sich noch so dagegen sträubt.

Der Bauherr reicht den abgelehnten Plan unverändert wieder ein

Der Unterhachinger Bauausschuss hatte bereits im Februar sein Einvernehmen zu diesem Bauvorhaben verweigert. Weil er die massive Bauweise und die Gestaltung der Anlage an dieser Stelle eben nicht so haben will, sondern den Charakter der Siedlung erhalten möchte. Den Bauherrn scheint das wenig zu beeindrucken, weiß er doch das Landratsamt und die Rechtsprechung auf seiner Seite. So hat er diese Woche seine Pläne unverändert erneut zur Abstimmung gestellt. Zwar hat das Gremium wieder einstimmig Nein gesagt. Auch Bürgermeister Wolfgang Panzer (SPD) hob seine Hand gegen das Vorhaben. Ändern wird das aber nichts.

Wie Christian Frank vom Bauamt in der Sitzung erläuterte, fügt sich das Gebäude genau genommen eben doch in die nähere Umgebung ein. Auch die Erschließung sei gesichert. Selbst das Flachdach, das vor allem die SPD heftig kritisierte, muss an dieser Stelle akzeptiert werden. Dieter Senninger hatte vor allem mit der geplanten Dachform gegen das Vorhaben argumentiert. "Unser Dorfgebiet ist mit Satteldächern ausgestattet", so der SPD-Gemeinderat, der Charakter eines Dorfes seinen nun mal Satteldächer.

Im Ort gib es bereits alle möglichen Dachformen

Ärgerlich nur, dass es im Unterhachinger Dorfbereich bereits alle möglichen Dachformen gibt, steile, wenig geneigte und sogar flache. Auch das Landratsamt hatte klar gestellt: Dachformen unterfallen nicht dem Einfügungsverbot. "Wir haben keine Möglichkeiten, das Baurecht einzuschränken", bedauert Bürgermeister Panzer, "da hätte man vor 30 Jahren etwas machen müssen."

Die Gemeinderatsmitglieder ärgert das durch die Bank weg mächtig. "Es kann doch nicht sein, dass alle Parteien gewillt sind, etwas zu bewirken und die Dinge nicht aufzuhalten sind", sagte Florian Riegel von der CSU. Da werde von einer übergeordneten Behörde etwas entschieden und die Unterhachinger müssten zusehen, wie ihr Ort sich in Wohlgefallen auflöse. "Von denen wohnt doch keiner hier."

Bürgermeister Wolfgang Panzer gab zu bedenken, dass vor 40 Jahren, als es solche Regelmöglichkeiten noch gegeben hätte, eine Steuerung noch gar nicht so notwendig gewesen sei wie heute. Der vorgeschriebene Mindestabstand der Gebäude zur Grundstücksgrenze sei 1996 von fünf auf drei Meter gesenkt worden, der Grund sei heute rar und teuer, so Panzer, "da versucht jeder das Maximum auf seinem Grundstück herauszuholen." Selbst einheimische Bauherren, die eigentlich ein Interesse am Erhalt des Charakters Unterhachings haben sollten, müssten sich da an die eigene Nase fassen, findet der Bürgermeister. Die Gemeinde versuche derzeit mit 27 Bebauungsplanverfahren die Ortsentwicklung zu steuern.

© SZ vom 14.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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