Tempo 50 in Straßlach:Verkehrszeichen und Wunder

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Geschlossene Ortschaft, großzügig ausgelegt in Straßlach. (Foto: Claus Schunk)

Wie andere Gemeinden hat Straßlach-Dingharting jahrelang vergeblich dafür gekämpft, dass das Ortsschild weiter nach draußen versetzt wird. Jetzt geht es plötzlich doch - weil der Landrat da war.

Von Iris Hilberth, Straßlach-Dingharting

Eine gefühlte Gefahr deckt sich nicht immer mit einem amtlich bestätigten Gefährdungspotenzial. Fast jeder kennt solche Ecken und Straßenabschnitte, an denen einfach viel zu schnell gefahren wird. Vor allem wenn dort auch Fußgänger und Radfahrer unterwegs sind, ist ein Tempolimit für motorisierte Verkehrsteilnehmer ein Dauerthema bei den Anwohnern.

Meist ist dies aber schwer durchsetzbar, wenn sich nicht gerade Unfälle an dieser Stelle häufen. Die Bemühungen von Gemeinden, durch eine Geschwindigkeitsbeschränkung für mehr Sicherheit zu sorgen, laufen dann oft ins Leere, denn allein der Hinweis auf brenzlige Situationen überzeugt die Behörden nicht.

Selbst gemalte Schilder mit dem Hinweis "Achtung, hier spielen Kinder" sind in den Ortsdurchfahrten auf dem Land daher keine Seltenheit, und weil sie nicht immer helfen, die Autofahrer zum Bremsen zu animieren, hat mancher Bürger auch schon in der Nacht zu Farbe und Pinsel gegriffen, einen eigenen Zebrastreifen eingerichtet und sich damit richtig Ärger mit den Behörden eingehandelt.

Die Straße ist in schlechtem Zustand? Dann muss sie eben saniert werden

Zieht der Hinweis auf die Gefahr nicht, könnte die Gemeinde noch mit dem schlechten Zustand der Straße argumentieren. Doch dann, so hatte kürzlich Oberhachings Bürgermeister Stefan Schelle (CSU) in der Diskussion um die Forderung nach einem Tempolimit für die Straße nach Oberbiberg zu bedenken gegeben, müsste letztlich die Straße saniert werden. Also auch kein wirklich guter Plan, um Raser auszubremsen.

Bleibt die Hartnäckigkeit, die sich tatsächlich manchmal auszahlt. Etwa in Straßlach-Dingharting, wo die Gemeinde sechs Jahre lang mit dem Landratsamt und der Regierung von Oberbayern gerungen hat, bis endlich am südlichen Ortsrand auf der Staatsstraße 2072, der Tölzer Straße, das Tempo reduziert wurde. Erst beantragte sie ein Tempo-50-Schild, dann forderte sie die Versetzung des Ortsschildes. Insgesamt fünf Absagen handelten sich Bürgermeister Hans Sienerth (parteifrei) und der Gemeinderat ein.

Bürgermeister Sienerth spricht von einer "Odyssee der Enttäuschungen"

"In einer Odyssee herber Enttäuschungen haben das Landratsamt, die Regierung von Oberbayern und das Straßenbauamt München in juristisch ausgefeiltem Behördendeutsch stets mitgeteilt, die Versetzung eines Ortsschildes sei nicht dazu gedacht, Sicherheitslücken zu schließen", berichtet Sienerth. Ein 50-Stundenkilometer-Schild an jener Stelle sei aber auch nicht möglich. Das Ortsschild müsse dort stehen, "wo der im Zusammenhang bebaute Ortsteil beginnt", hätten die Behörden stets argumentiert.

Bis Landrat Christoph Göbel (CSU) sich Mitte Juni die Sache bei einem Ortstermin persönlich betrachtete und eine Woche später die Versetzung des Ortsschildes um etwa 150 Meter bis zur Einmündung der Gewerbestraße anordnete. Wer den Landrat dazu gebracht hat, selbst an den Ortsausgang von Straßlach-Dingharting zu reisen, darüber herrscht im Ort Uneinigkeit.

Die CSU reklamiert den Erfolg für sich

Die CSU reklamiert diesen Erfolg offenbar ebenso für sich wie die Gemeinde. Am Ende aber zähle, dass die Geschwindigkeit dort endlich reduziert werde, findet Bürgermeister Sienerth. Eine Rolle gespielt hat bei dem Sinneswandel der Behörde vor allem das am Südrand der Gemeinde entstandene Gewerbegebiet Oberfeld-West. Zur besseren Anbindung der Einkaufsmöglichkeit wurden hier eine Bushaltestelle neu eingerichtet, ein Gehsteig angelegt und mit einer Verkehrsinsel eine Querungshilfe geschaffen.

© SZ vom 01.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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