Schulen im Landkreis:Sauerlach fühlt sich verraten

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Sauerlachs Bürgermeisterin Barbara Bogner (UBV) ist enttäuscht, auch von ihren Parteikollegen. (Foto: Angelika Bardehle)

Hinter der Entscheidung für Oberhaching als Standort einer Fach- und Berufsoberschule vermutet Bürgermeisterin Bogner ein Komplott zwischen CSU und Freien Wählern.

Von Martin Mühlfenzl, Sauerlach

In neun Jahren, sagt Barbara Bogner, hätte sie einmal die Unterstützung der Freien Wähler gebraucht: "Aber die haben sie verweigert." Sauerlachs Bürgermeisterin gehört der Unabhängigen Bürgervereinigung (UBV) an, die wiederum zu den Freien Wählern gehören. Vor der Sitzung des Ausschusses für Bauen und Schulen im Kreistag am Dienstag muss sie gewusst haben, dass ihre Bewerbung, Standort für eine neue Fachoberschule im südlichen Landkreis zu werden, kaum mehr Aussicht auf Erfolg hatte. "Aber dass die Freien ihre Bürgermeisterin hängen lassen, hat mich schon sehr überrascht", sagt Bogner. "So etwas vergisst man nicht."

Als Trostpflaster wird der Gemeinde ein Gymnasium in Aussicht gestellt

Die Entscheidung pro Oberhaching als FOS-Standort war reine Formsache, die Verwaltung im Landratsamt und auch das Kultusministerium hatten entsprechende Empfehlungen abgegeben. Dennoch hielt die Sitzung eine Überraschung bereit. Denn so schnell Sauerlach aus dem Rennen für die FOS war, so unverhofft wurde es zum Bewerber für ein Gymnasium. Für das sich die Gemeinde offiziell aber überhaupt nicht beworben hat. Wohl aber für einen Realschule und eine Fachoberschule. Und genau an diesem Punkt beginnen auch Bogners Zweifel an der Aufrichtigkeit einiger Kreisräte.

In der Sitzungsvorlage samt Beschlussempfehlung pro Oberhaching taucht auf Seite 2 ein Hinweis auf: "Am 17.07.2017 stellte der Gemeinderat in Sauerlach einen Antrag auf Errichtung eines Gymnasiums in Sauerlach. Der Auftrag für die erforderliche Schulstandortuntersuchung wurde dem Institut SAGS (Institut für Sozialplanung, Jugend- und Altenhilfe, Gesundheitsforschung und Statistik, Anm. d. Red.) erteilt."

An besagtem 17. Juli hat aber in Sauerlach weder eine Gemeinderatssitzung stattgefunden, noch, sagt Bogner, habe das Gremium zu irgendeinem anderen Zeitpunkt über dieses Thema abgestimmt. Vielmehr sei am Tag darauf, dem 18. Juli, ein Antrag der CSU-Fraktion im Rathaus, eingegangen, der sich für ein Gymnasium in der 8000-Einwohner-Gemeinde ausspricht, der aber noch nicht behandelt worden ist. "Meinungsmache" wirft Bogner Landrat Christoph Göbel (CSU), der CSU-Fraktion und den Freien Wählern im Kreis vor. Mit dem Vorstoß, ein Gymnasium in Sauerlach ins Gespräch zu bringen, sei der Weg für die FOS in Oberhaching geebnet worden. "Das war geplant", sagt Bogner.

Landratsamts-Sprecherin Christine Spiegel räumt ein, dass der "Hinweis" "falsch formuliert worden ist". Landrat Göbel, sagt Spiegel, habe Bogner bei der Sitzung des Zweckverbands Gymnasium Oberhaching im Juli aber bereits seine Einschätzung mitgeteilt, der zufolge eine Fachoberschule nur in Oberhaching zu realisieren sei. "Der Landrat hat auch gesagt, dass Sauerlach zwingend eine Anschlussschule an die Grundschule braucht und dass dies ein Gymnasium sein müsste", sagt Spiegel. Daraufhin sei auch eine entsprechende Studie für ein Gymnasium in Sauerlach beim Institut SAGS erteilt worden.

Sauerlach ist die einzige Südgemeinde mit S-Bahnhalt ohne weiterführende Schule

Am Dienstag hat die CSU im Kreistag mit den Freien Wählern einen interfraktionellen Ergänzungsantrageingebracht - begleitend zu einem positiven Votum pro Oberhaching bei der Fachoberschule. Darin fordern die beiden Parteien erstens den Bau einer weiteren Realschule in Oberhaching am Bahnhof Deisenhofen, "entgegen mancher ministerieller Prognosen". Tatsächlich sieht das Kultusministerium derzeit noch keinen Bedarf für eine weitere Realschule im südlichen Landkreis. Zweitens befürworten CSU und Freie Wähler "den Standort Sauerlach für die Errichtung eines Gymnasiums".

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Nachdem das Papier im Ausschuss verteilt worden war, reagierte Unterhachings Bürgermeister Wolfgang Panzer (SPD) verwundert. "Ein neues Gymnasium kann doch jetzt nicht Grundlage für unsere Entscheidung bei einer FOS sein", sagte Panzer - nach dem Motto: Wenn es keine FOS wird, dann halt ein Gymnasium. "Wir brauchen Schulen. Aber wir können doch heute nicht auf Basis einer Zahlenreihe einfach etwas beschließen, das wir noch nicht diskutiert haben." Mit "Zahlenreihe" meinte Panzer das Ergebnis einer Studie, die Landrat Göbel zitierte: Noch nie, sagte der Landrat, habe eine Schule so gute Aussichten gehabt wie ein Gymnasium in Sauerlach. Von nahezu 900 Schülern im Jahr 2035 sei in der Studie die Rede; 600 werden benötigt, um ein neues Gymnasium auf den Weg zu bringen.

Brunnthals Bürgermeister Stefan Kern (CSU) sagte, Sauerlach sei am besten geeignet, da sie die einzige Gemeinde im Süden mit S-Bahnanschluss aber ohne weiterführende Schule sei. Das könnte sich frühestens von 2025 an ändern. "Ob es dann die Freien Wähler noch gibt, weiß ich nicht", sagte Bogner.

© SZ vom 14.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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