Prozess:Anwohner klagt vergeblich gegen Spielplatz

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Weil er Angst vor Kindergeschrei hat, zieht ein Aschheimer vor Gericht. Das gibt aber weitgehend der Gemeinde recht

Von Christina Hertel, Aschheim

36 Jahre lang hat Josef Herzog von seiner Küche aus auf ein leeres Feld geschaut. Inzwischen wurde aus dem Feld im Norden Aschheims eine kleine Siedlung, in die nun nach und nach Menschen ziehen. Für die Kinder wollte der Bauherr einen Spielplatz errichten - vier Meter von Josef Herzogs Küche entfernt. Der 88 Jahre alte Mann fürchtete den Lärm und klagte. Er wollte erwirken, dass die Gemeinde ihren Bebauungsplan für unwirksam erklärt. Verhindern konnte Herzog den Spielplatz bei der Verhandlung vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof am Donnerstag jedoch nicht. Dafür verhinderte er den Bau einer Lärmschutzwand.

Herzog und die Gemeinde Aschheim sind sich in der Vergangenheit schon ein paar Mal vor Gericht begegnet, und in Zukunft wird das wohl so weitergehen. Es ging um Grundstücksstreitigkeiten, die Zuteilung von Hausnummern und um Gehwege, die Aschheim gerne bauen würde. Dass die Gemeinde "um jeden Preis" den Spielplatz direkt vor seinem Küchenfenster bauen wolle, hänge auch mit diesen Streitereien zusammen, sagte Herzog. Viermal habe er Einspruch eingelegt, dreimal habe er den Bürgermeister im Rathaus besucht. "Interessiert hat das niemanden."

Dabei hätte es, meint Herzog, durchaus andere Standorte gegeben. Doch gegen alle seine Vorschlage fand die Gemeinde Argumente: Entweder wären die Mülltonnen im Weg oder die Zufahrt für Rettungswagen und Handwerker. Außerdem gelte Kinderlärm nicht als Lärm im eigentlichen Sinne, führte die Anwältin der Gemeinde, Ulrike Pfeiffer, in der Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof aus. Trotzdem habe Aschheim den Bauherren dazu verpflichtet, eine 1,70 hohe und 20 Meter lange Lärmschutzwand zu errichten - quasi als Entgegenkommen.

In der Tat sei das nicht üblich, sagte Richter Hans-Joachim Dösing, der Herzog während der Verhandlung keine Hoffnungen machte, dass die Klage gegen den Spielplatz Erfolg haben könnte. Die Lärmschutzwand aber, meinte Herzog, würde die Sache nicht besser machen. Sondern womöglich sogar schlimmer. Er fürchte, dass sie Verkehrslärm auf sein Haus reflektieren könnte.

Am Ende verpflichtete sich die Gemeinde, dem Bauherren zu sagen, dass er die Lärmschutzwand nun doch nicht bauen soll. Außerdem soll er ein Schild aufstellen, auf dem steht, dass nur Kinder bis sechs Jahren von Bewohnern oder Besuchern und Aufsichtspersonen den Spielplatz nutzen dürfen. So hofft Herzog zu verhindern, dass dort eines Tages Kinder aus ganz Aschheim spielen.

© SZ vom 06.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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