Neubiberg:Kindlicher Blick auf das Flüchtlingsthema

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Bevor die Serie "Dschermeni" ausgestrahlt wird, haben Neubiberger Schüler mit Regisseurin Irina Popow und Coautor Klaus Döring diskutiert. (Foto: Angelika Bardehle)

Neubiberger Schüler sehen die neue Kika-Serie "Dschermeni" als Erste und diskutieren mit den Filmemachern.

Von Daniela Bode, Neubiberg

Moritz, Yassir und Rüyet springen in den Weiher vor ihrer kleinen Holzhütte und gehen schwimmen. Aminata bleibt wie gelähmt auf dem Steg sitzen. Als ihre Freunde sie später fragen, warum sie nicht mit ins Wasser wollte, erzählt sie ihnen unter Tränen, dass sie und ihre Familie auf einem Boot aus Afrika flüchteten und ihre Mutter dabei ums Leben kam. Rüyet streichelt ihr über die Hand und tröstet sie. Feinfühlige, berührende Szenen wie diese sind es, die die sechsteilige Serie "Dschermeni", die an diesem Montag, 27. November, um 20.10 Uhr auf dem Kinderkanal Kika startet, äußerst sehenswert machen und das Flüchtlingsthema aus der Sicht von Kindern schildern.

180 Sechstklässler des Gymnasiums Neubiberg waren die ersten, die sich nun zwei Folgen ansehen durften. Regisseurin Irina Popow, Drehbuch-Co-Autor Klaus Döring, die Produzenten Martin Choroba und Johanna Teichmann von Tellux Film stellten ihnen die Streifen im Theaterkeller der Schule vor. Weil das Gymnasium sich mit seinem Arbeitskreis Helfen und anderen Projekten besonders für die Integration Benachteiligter, Ausgegrenzter und Fremder einsetzt, haben die Verantwortlichen die Schule für die Kinder-Preview ausgesucht. "Ich finde es toll, dass Sie hier sind und unsere Kinder so etwas miterleben können", sagte Schulleiter Reinhard Rolvering. Eine weitere Premiere findet in dem Berliner Flüchtlingsheim statt, in dem gedreht wurde.

Als sie vom Tod der Mutter erzählt, ist unter den Neubiberger Schülern ein betroffenes Raunen zu hören

Die Serie erzählt von der besonderen Freundschaft zwischen vier Zwölfjährigen: der deutsche Junge Moritz (Michael Sommerer), der in einem guten Elternhaus aufwächst, eigentlich alles hat und doch öfter einsam ist. Seine Freundin, die türkischstämmige Rüyet (Sura Demir), deren Familie seit drei Generationen in Deutschland lebt. Der syrische Flüchtlingsjunge Yassir (Julius Göze) und das Flüchtlingsmädchen Aminata (Jodyna Basombo), die angeblich aus Mali stammt. Beide bangen darum, ob sie in Deutschland bleiben dürfen. Dass ihre älteren Brüder illegale Dinge tun, macht die Situation nicht einfacher. Moritz lernt Yassir in der Schule kennen und Aminata, als er im Flüchtlingsheim mit seinem Handy für sein Schulprojekt "Leben in Deutschland" die Menschen befragt und filmt. Es wird vieles in der Serie angeschnitten, seien es die Probleme, mit denen jedes der Kinder zu kämpfen hat, oder die Themen, die eine Flucht mit sich bringt - aber nie überfrachtet oder beschönigend. Einmal geht Moritz mutig auf einen Jugendlichen im Flüchtlingsheim zu, bittet ihn, ihm seine Geschichte zu erzählen. "Ich halte das schon aus", sagt er. Als dieser ihm erzählt, dass er und sein jüngerer Bruder gefragt wurden, ob sie Kindersoldaten werden sollten, sein Bruder sich weigerte und deshalb erschossen wurde, weint Moritz, als er sich das Filmmaterial daheim ansieht.

"Wir wollten das Flüchtlingsthema aus der Perspektive der Kinder erzählen, und es war uns wichtig, zu berühren", sagt Co-Autor Döring, der mit Drehbuchautor Andreas Steinhöfel die Geschichte geschrieben hat. Das dürfte ihnen gelungen sein. Bei Szenen wie der, als Aminata vom Tod der Mutter erzählt, ist unter den Neubiberger Schülern ein betroffenes Raunen zu hören. Sie wollen vom Team viel über den Film wissen. "Ist das alles so passiert?", fragt eine Schülerin. Nein, klärt die Regisseurin auf. "Aber das Flüchtlingsheim ist echt und die Flüchtlinge", sagt Popow. Einige der Sechstklässler werden sich die Serie bestimmt anschauen. "Ich finde es toll, dass Kinder erfahren, was passiert", sagt eine Schülerin. Einer anderen gefällt es, dass man auch sieht, "wie die Flüchtlingskinder es sehen, nicht nur die Deutschen".

Woher der Titel "Dschermeni" kommt, wissen die Kinder schnell: von Germany, ausgesprochen von jemandem, der aus einem anderen Land stammt. Die Geschichte lebt auch von den überzeugenden Hauptdarstellern. Michael Sommerer, der Moritz spielt, hatte bereits Schauspielerfahrung, man kennt ihn etwa aus "Die Wilden Kerle". Die anderen drei waren mehr oder weniger Laien. Ob die Geschichten der vier Kinder am Ende gut ausgehen? Ob Yassir oder Aminata abgeschoben werden? Da werden sich die Zuschauer überraschen lassen müssen. So berührend, hoffnungsvoll und zum Nachdenken anregend die Geschichte erzählt ist, würde man sogar gerne wissen, wie es danach mit den Freunden weitergeht.

Die Serie ist auf Kika in Doppelfolgen zu sehen am 27., 28. und 29. November jeweils um 20.10 Uhr. Sie eignet sich für Kinder von der fünften/sechsten Klasse an.

© SZ vom 25.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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