Konzert:In the grantig mood

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Zwei von drei: Lisa Wahlandt verfügt über eine ebenso klangschöne wie bewegliche Stimme, während Christiane Öttl (Kontrabass) neben ihren musikalischen auch kabarettistische Qualitäten offenbart. (Foto: Angelika Bardehle)

"Die Drei Damen" präsentieren in Pullach jazzig angehauchte Leichtigkeit zwischen Bairisch und Englisch

Von Udo Watter, Pullach

Wer im Dunstkreis der Bischofsstadt Passau das Licht der Welt erblickt, der bekommt mit hoher Wahrscheinlichkeit eine kabarettistische Begabung in die Wiege gelegt. Anders als Bruno Jonas, Sigi Zimmerschied oder der ebenfalls aus der Gegend stammende Ottfried Fischer lebt Christiane Öttl zwar nicht hauptberuflich davon, mit scharfer Zunge gesellschaftlich-politische Missstände zu artikulieren, aber ein Talent zum Frotzeln hat die Passauer Musikerin allemal. Trotz gewisser Zweifel, ob man im schönen, gut situierten Pullach den Zustand "grantig" überhaupt kenne, fordert sie das Publikum im dortigen Bürgerhaus schließlich auf: "Party people of Pullach, get into the grantig mood". Was folgt ist der letzte Song des Trios Die Drei Damen vor der Pause - neben Öttl (Bass, Gesang) Andrea Hermenau (Piano, Gesang) und Leadsängerin Lisa Wahlandt. Sie entfaltet hier mit ihrer geschmeidigen Stimme einen mitunter fast verzweifelt anmutenden Grant, drückt ihr dialektales Nein an die Welt ("Heit ned") expressiv aus, wobei fein arrangierter Dreigesang dem Stück besondere Tiefe gibt. Das Ganze mündet dann freilich in Wahlandts Erkenntnis, eine Pause zu brauchen - ein Stichwort, dass Öttl im sängerischen Dialog gleich nutzt, um dem Publikum für ebendiese einen Kauf der CD des Trios anzuraten: "Weil Weihnachten kommt schneller als man denkt." Auch wenn man solche Kaufaufforderungen bei Veranstaltungen vielleicht nicht so mag - das war doch immerhin eine recht charmante Variante.

Charme hatte der Abend mit den drei Damen - das erste Konzert der aktuellen Pullacher Spielzeit in der Reihe "Jazz and more" - ohnehin. Wahlandt, Hermenau und Öttl präsentierten dabei Stücke aus ihrem Album "Träum weiter": kein verkopfter, intellektueller Jazz, das Vorgetragene atmete meist ein beschwingte Eleganz, eine ansteckende Leichtigkeit - speziell bei den Stücken, die von einem längeren Aufenthalt im südfranzösischen Cannes inspiriert waren oder wenn Calypso-Klänge und Samba auf Dreigesang trafen.

Zu den Spezialitäten der drei Damen gehört das Covern von Pop- oder Rockliedern. Schön gleich der Einstieg mit Steve Millers "Abracadabra", das mit lässig rhythmisierter Eleganz in den Raum fliegt, getragen von Wahlandts weich federnder Stimme. Aber nicht nur auf Englisch klingt das Timbre der 1971 im Landkreis Rottal-Inn geborenen Jazz-Sängerin jugendlich-reizvoll. Wer hätte gedacht, dass sich die heimische Mundart, gerade in ihrer niederbairischen (freilich entschärften) Variante, so verführerisch anhören würde. Auch wenn manche Textstellen der Eigenkompositionen nicht die Grenzen der Originalität sprengen, ist es schön zu erleben, wie Wahlandt dialektale Klangfarben mit jazzig angehauchter Leichtigkeit kombiniert.

Stark auch, wie die Musikerinnen, die sich sichtlich gut verstehen, auf der Bühne harmonieren, wie mit den vokalen Möglichkeiten untereinanderer gespielt wird. Das ist Unterhaltung, die auf leicht swingenden Flügeln schwebt, ohne leichtgewichtig zu sein. Denn die Arrangements sind fein abgestimmt, die solistischen Intermezzi virtuos - ob nun Hermenaus Hände über die Tasten abenteuern oder Bassistin Öttl in einem Stück versiert ihre Pfeifkunst vorführt. Wahlandt, die auch an der Musikschule Unterhaching unterrichtet, zeigt sich stimmlich vielseitig, in manchen Stücken auch wehmütig-romantisch ("Time after Time"). Aber allzu schwermütig wird es an diesem Abend nicht. Meist dominiert das Augenzwinkernde (in der Version von Grönemeyers "Männer" sind diese nicht "unersetzlich", sondern "unersättlich"). Auch beeindruckend, wie Öttl in einem das französische Lebensgefühl parodierenden Song Café au lait auf savoir vivre reimt, ohne sich komplett lächerlich zu machen. Aber Menschen aus Passau scheinen auf der Bühne so einiges zu können.

© SZ vom 13.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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