Kokosnüsse und Caipirinha in Rio:Knuddelschnubbel an der Copacabana

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Der Schlager singende FDP-Kreisrat vor Cristo Redentor - der monumentalen Christusstatue in Rio. (Foto: privat)

FDP-Politiker Thalhammer arbeitet sich im Boulevard-Fernsehen an Brasilien-Vorurteilen ab

Von Stefan Galler, Landkreis

Umtriebig ist er, dieser Tobias Thalhammer. Gut vernetzt außerdem. Und er hat ein Gespür dafür, was bei vielen Menschen ankommt. Schlagermusik zum Beispiel. Deshalb ist der FDP-Kreisrat und frühere Landtagsabgeordnete nicht nur Konzertveranstalter, sondern auch höchstselbst als Sänger in diesem Bereich unterwegs. Vor allem in Polen hat er mit Songs wie "Knuddelschnubbel" oder "Iglu in Alaska" seine Fans.

Aber der 37-Jährige produziert auch Fernsehsendungen für die begeisterungsfähigen Anhänger dieser Musikrichtung, dreht Videoclips mit seiner eigenen Produktionsfirma. Es soll sich allerdings auch richtig rechnen, wenn er wie im vergangenen April eine Schlagersendung in der Olympiastadt Rio de Janeiro aufnimmt. Und so nutzte Thalhammer den Südamerika-Trip, um ein Boulevardfilmchen zu machen und dieses ans Privatfernsehen zu verhökern.

Eine bahnbrechende Neuigkeit: Brasilianer sind verrückt nach Fußball!

Dazu hat er einfach mal ein paar Klischees über das sagenumwobene Brasilien gesammelt - unter dem Motto "Kicken, Cocktails, Copacabana" machte er den "Vorurteils-Check", vor ein paar Tagen zu sehen in der Kabel-1-Sendung "Abenteuer Leben täglich" (und immer noch in der Mediathek auf www.kabeleins.de). Und da sammelt der singende Liberale eine ganze Ladung von Erkenntnissen, die für den Fortgang der Galaxie existenziellen Charakter haben: Etwa, dass eben nicht alle Brasilianer "Traumkörper" wie Top-Modell Giselle Bündchen haben.

Denn, welch Sensation, auch am Zuckerhut laufen dicke Leute umher. "Moderator Tobi", wie er im Beitrag genannt wird, bekommt noch weitere bahnbrechende Neuigkeiten heraus, etwa dass die Brasilianer tatsächlich "verrückt nach Fußball" seien und dass die Zubereitung eines Caipirinha mit Limetten keineswegs in Stein gemeißelt ist. Am leckersten, teilt Thalhammer mit, "ist der mit Mango".

Überragend dann die Sequenz, in der der Gast aus dem fernen Neubiberg das Klischee prüft, wonach an Brasiliens Stränden "alles erlaubt" sein soll. Doch keine Bange, es wird nicht schlüpfrig, schließlich lief die Sendung im Nachmittagsprogramm. Aber peinlich kann man es allemal finden, wenn Thalhammer ohne Verkaufslizenz unter lauten "Coco!"-Rufen drei Kokosnüsse anpreist, dabei durch den Sand tänzelt und ausreichend penetrant ist, um die Früchte letztlich auch loszuwerden.

Bitte ein Zuckerrohr-Schnaos, um das Gesehene zu verdauen

Breit in die Kamera grinsend bilanziert er: "Ein bisschen deutscher Charme, und es klappt auch an der Copacabana." Puh, denkt sich der konsternierte Zuschauer, spätestens jetzt wäre ein Caipirinha recht. Oder wenigstens ein Zuckerrohr-Schnaps, um das Gesehene zu verdauen.

Doch da ist Moderator Thalhammer in seinem Beitrag schon beim Essen und prüft, ob das schlimme Vorurteil stimmt, wonach Rindersteak das Nationalgericht der Brasilianer sei. Der FDP-Mann kann Entwarnung geben: In Wahrheit mag das Samba-Volk am liebsten Feijoada, ein kalorienreiches Arme-Leute-Essen. Der Testesser aus Alemanha kaut ziemlich zaghaft und wirkt, als ob ihm das Dargebotene nicht schmeckt. Aber warum soll es ihm besser gehen als seinen Zuschauern?

© SZ vom 11.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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